The Winner Takes All – Thrice!?: Sri Lankas Restrukturierung mit privaten Gläubigern  

Avatar photo Malina Stutz, erlassjahr.de
10. April 2024

Nachdem Sri Lanka im Frühjahr 2022 seine Zahlungen eingestellt hatte, trat das Land mit seinen Gläubigern in Umschuldungsverhandlungen ein. Der Großteil der privaten Gläubiger Sri Lankas schloss sich daraufhin in einem Gläubigerkomitee zusammen und legte Sri Lanka im Oktober 2023 einen Vorschlag zur Restrukturierung vor. Im Rechtsstreit mit der Hamilton Reserve Bank verweist Sri Lanka vor Gericht nun darauf, dass es diesen Vorschlag nicht habe annehmen können, da dieser nicht mit den Vereinbarungen mit seinen öffentlichen Gläubigern vereinbar gewesen sei. Außerdem habe Sri Lanka ernsthafte Bedenken bezüglich der Ausgestaltung der von den privaten Gläubigern geforderten sogenannten „macro linked bonds“. Zugleich betont Sri Lanka jedoch, offen für die Aufnahme solcher Klauseln zu sein, sofern diese angemessen ausgestaltet würden. Im Februar 2024 hat Sri Lanka dem privaten Gläubigerkomitee diesbezüglich einen Vorschlag unterbreitet, dessen Details jedoch nicht öffentlich bekannt sind. 

Umgang mit Unsicherheit

Bei „macro linked bonds“ handelt es sich um Klauseln, durch die die Staaten automatisch mehr Rückzahlungen an die Gläubiger leisten müssen, wenn bestimmte ökonomische Auslöser eintreten, sich also etwa die Wirtschaft des Schuldnerlandes besser entwickelt als zum Zeitpunkt der Verhandlung zunächst angenommen wurde. Die Höhe der Rückzahlung wird also von der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung eines Landes abhängig gemacht, welche naturgemäß vorab schwer einzuschätzen ist. Auch erlassjahr.de und andere sprechen sich explizit dafür aus, in Umschuldungsverhandlungen Zins- und Tilgungszahlungen von der zukünftigen realen Entwicklung des Schuldnerlandes abhängig zu machen (siehe dazu auch „Ausreichend umfassende Schuldenerlasse für eine nachhaltige wirtschaftliche Erholung ermöglichen!“ im Rahmen unserer Kampagne Mit Schulden Fair Verfahren). Unser Anliegen ist dabei jedoch ein ganz anderes: Wir fordern, dass Rückzahlungen automatisch nach untenangepasst werden müssen, sofern sich die Wirtschaft eines Landes weniger gut entwickeln sollte als angenommen. Schließlich ist dieses Szenario leider auch der Regelfall: In der Vergangenheit wurde die wirtschaftliche Entwicklung im Kontext von Restrukturierungen systematisch zu optimistisch eingeschätzt und so die Rückzahlungsfähigkeit der Schuldnerländer im Interesse der Gläubiger schöngerechnet

Neues Muster in Umschuldungsverhandlungen

Eine solche automatische Anpassung der Schuldendienstverpflichtungen nach unten wurde bisher allerdings noch in keiner Restrukturierung aufgenommen. Die Aufnahme der Klauseln zugunsten der Gläubiger kristallisiert sich indes als neues Muster heraus, um einen Anreiz für private Gläubiger zu schaffen, sich an Schuldenrestrukturierungen zu beteiligen. Dabei profitieren private Gläubiger bereits jetzt schon doppelt: erstens durch hohe Zinssätze bei der Kreditvergabe selbst, zweitens durch eine bevorteilte Bedienung im Falle von Restrukturierungsverhandlungen. Mit dem Slogan „The Winner Takes All – Twice“ wurde das hier treffend auf den Punkt gebracht. Mit Blick auf die Aufnahme der neuen macro linked-Klauseln gilt nun sogar: „The Winner Takes All – Thrice!“

Es ist Zeit, diesem Gebaren der Privatgläubiger durch gesetzliche Regelungen Einhalt zu gebieten!

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