Côte d’Ivoire

Hat Côte d’Ivoire  ein Schuldenproblem?

In den letzten fünf Jahren hat die Elfenbeinküste in großem Stil Kredite zu Marktkonditionen aufgenommen. Dadurch ist die nach der Entschuldung des Landes unter der Initiative für hoch verschuldete arme Länder (engl. Heavily Indebted Poor Countries Initiative, HIPC) und der Multilateralen Entschuldungsinitiative (engl. Multilateral Debt Relief Initiative, MDRI) zunächst recht entspannte Schuldensituation anfälliger für externe und interne Schocks geworden. Die Auslandsschuldenindikatoren liegen noch knapp oder gar deutlich unter kritischen Grenzwerten. Die öffentlichen Schulden liegen wegen der ebenfalls ausgeweiteten inländischen Kreditaufnahme aber bereits darüber.

Die wichtigsten Schuldenindikatoren (Stand 2018)

IndikatorAusprägungGrenzwert
Auslandsverschuldung im Verhältnis zum Bruttonationaleinkommen (%)37,940
Auslandsverschuldung im Verhältnis zu den jährlichen Exporteinnahmen (%)133,1150
Jährlicher Schuldendienst im Verhältnis zu den jährlichen Exporteinnahmen (%)8,415
Öffentliche Verschuldung im Verhältnis zum BIP (%)52,250
Öffentliche Verschuldung im Verhältnis zu den öffentlichen Einnahmen (%)264,9200
Auslandsschuldenstand (US-Dollar)15,66 Mrd.
Schuldendienst: Zinsen und Tilgungen an ausländische Gläubiger (US-Dollar)1,491 Mrd.

Erklärung zu den Indikatoren und Grenzwerten

Wer sind die Gläubiger von Côte d’Ivoire?

 

Erklärung der Schuldenkategorien
Die gesamten Auslandsschulden eines Landes setzen sich aus den Schulden des öffentlichen Sektors und denen des Privatsektors zusammen. Im Diagramm sind öffentliche Schulden mit Vollfarben und private Auslandsschulden schraffiert dargestellt.

Bei den öffentlichen Schulden werden drei Gläubigergruppen unterschieden, nämlich multilaterale öffentliche Gläubiger – das sind vor allem Entwicklungsbanken und der IWF -, bilaterale öffentliche Gläubiger – das sind andere Regierungen – und private Gläubiger.

Bei den beiden öffentlichen Gläubigerkategorien unterscheiden wir zudem nach konzessionären, also zinsgünstigen Krediten zu Entwicklungshilfebedingungen, und Krediten zu Marktbedingungen („nicht-konzessionäre“).

Bei den öffentlichen Schulden bei privaten Gläubigern unterscheiden wir die beiden Hauptinstrumente, nämlich Bankkredite und Anleihen. Diese beiden Instrumente unterscheiden wir auch bei den Auslandsschulden des Privatsektors.

Die Elfenbeinküste hat ein für ein afrikanisches Land untypisches Gläubigerprofil. Anders als in den meisten Nachbarländern und auch den meisten Ländern, die wie die Elfenbeinküste unter der HIPC/MDRI-Initiative entschuldet worden sind, schuldet die Elfenbeinküste nur einen geringen Teil ihren Entwicklungshilfegebern. Dabei ist der konzessionäre Anteil bei den multilateralen Gebern noch höher als bei den bilateralen. Rund die Hälfte aller Auslandsschulden entfallen auf die Inhaber der seit 2012 Jahr für Jahr an den internationalen Kapitalmärkten platzierten Anleihen.

Unter den multilateralen Forderungen entfallen mehr als 90 Prozent auf den Internationalen Währungsfonds (IWF).

Unter den bilateralen öffentlichen Gläubigern spielen die Mitglieder des Pariser Clubs nur noch eine untergeordnete Rolle. Zwar entfallen mit 228 Millionen US-Dollar von insgesamt 315 Millionen US-Dollar auf sie die meisten Schulden aus der Entwicklungszusammenarbeit (darunter 22 Millionen Euro auf Deutschland, aber die EZ-Schulden sind insgesamt nur noch eine Randgröße. Knapp 3 Milliarden US-Dollar sind Schulden zu Marktkonditionen, wovon nur 29 Millionen auf die Pariser Club-Mitglieder entfallen. Der weitaus größte Teil ist China geschuldet, das seit 2000 der Elfenbeinküste Kredite in Höhe von 2,7 Milliarden US-Dollar gewährt hat.

Trend

Seit der Entschuldung unter der multilateralen HIPC/MDRI-Initiative (siehe unten) haben sich die Schulden der Elfenbeinküste von 9,8 Milliarden US-Dollar beständig auf 15,7 Milliarden US-Dollar erhöht. Hauptverantwortlich dafür ist die umfangreiche Platzierung von ivorischen Staatsanleihen. Unter den öffentlichen Gläubigern ist eine starke Verschiebung in Richtung auf teure marktmäßige Finanzierungen zu beobachten, was vor allem auf die durchschnittlich sehr teuren Finanzierungen aus China zurückzuführen ist.

Bisherige Schuldenerleichterungen für Côte d’Ivoire

Die Elfenbeinküste ist, unter anderem wegen des Bürgerkriegs, erst sehr spät unter der HIPC/MDRI-Initiative entschuldet worden, nämlich 2012. Der nominale Schuldenstand ist dadurch um rund 35 Prozent reduziert worden. Das ist deutlich weniger als in anderen unter HIPC entschuldeten Ländern. Die Gläubiger hielten das Land für potenziell leistungsfähig genug, um Schulden nicht weiter reduzieren zu müssen.

Bevor es zu dieser Regelung auch mit den bilateralen Gläubigern kam, hatte das Land zwischen 1984 und 2011 bereits elfmal im Pariser Club umgeschuldet. Es ist damit ein Musterbeispiel für die notorisch unzulänglichen Arrangements des Pariser Clubs in der Vor-HIPC-Zeit.

Aktuelle Risiken für die Schuldentragfähigkeit

Die Elfenbeinküste ist ein Beispiel für die neue Welle von Kreditvergaben an unter HIPC/MDRI entschuldete Länder. Die umfangreiche teure Kreditaufnahme, die zu einem überproportionalen Anstieg des laufenden Schuldendienstes geführt hat, wird auch in Zukunft eine Herausforderung für die Zahlungsfähigkeit der Elfenbeinküste darstellen. Eine nächste akute Schuldenkrise wird sich daher mit hoher Wahrscheinlichkeit aus einem Liquiditätsengpass ergeben, der zur einer Solvenzkrise wird, wenn erneut versucht werden sollte, die Zahlungsfähigkeit durch neue Kreditaufnahmen (vor allem aus dem bereits jetzt stark exponierten IWF) aufrecht zu erhalten.

Der IWF bescheinigt der Elfenbeinküste schon seit der Entschuldung 2012 ein „mittleres“ Überschuldungsrisiko. Angesichts der bis vor zwei Jahren recht moderaten Schuldenindikatoren verdankte sich dies vor allem der politischen Instabilität und der schwachen Regierungsführung. An beidem hat sich nichts geändert.

Politische Empfehlungen

Die Elfenbeinküste sollte vor weiteren marktmäßigen Finanzierungen sehr genau prüfen, ob die finanzierten Vorhaben den vereinbarten Schuldendienst tatsächlich erwirtschaften können. Sinnvollerweise hatte sie im März 2019 erstmals eine bereits geplante neuerliche Ausgabe von Eurobonds abgesagt.

 

Stand: Januar 2020

 

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