18. Juli 2024

Hurrikan Beryl: Schuldenkrise und Klimakatastrophe in den Karibikstaaten

Seit mehreren Wochen schon hält der Hurrikan „Beryl“ die Menschen vor allem in der Karibik in Atem. Zeitweise erreichte er Hurrikane-Stärke 5, die höchste Stufe, mit anhaltenden Windgeschwindigkeiten von bis zu 251 Kilometern pro Stunde. Die angerichteten Schäden sind immens. Auf einigen Eilanden der Inselstaaten Grenada sowie St. Vincent und den Grenadinen wurden den Regierungen zufolge mehr als 90 Prozent der Häuser beschädigt oder zerstört. Beryls Ausdehnung reichte bis nach Neuengland und forderte Todesopfer in Texas, Louisiana und Vermont. Nach ersten Schätzungen von AccuWeather belaufen sich die wirtschaftlichen Schäden in den USA auf bis zu 32 Milliarden US-Dollar.

Hurrikane wie diese sind für die Karibikregion nicht ungewöhnlich, jedoch häufen sie sich mit Fortschreiten des Klimawandels und werden extremer. So mussten Forscher*innen der Colorado State University ihre Hurrikanprognose für diese Saison nach oben korrigieren und erwarten nun sechs starke Hurrikane mit Windstärken über 180 km/h und zwölf insgesamt.

Viele kleine Inselstaaten der Karibik waren bereits vor den Verwüstungen durch Beryl laut Schuldenreport 2024 kritisch verschuldet – Grenada sogar sehr kritisch. Infolge der Zerstörungen verringern sich die Rückzahlungskapazitäten der betroffenen Länder weiter. Gleichzeitig zwingen Klimakatastrophen wie Beryl hochverschuldete Staaten dazu, sich weiter zu verschulden, um Nothilfe- und Wiederaufbaumaßnahmen zu finanzieren. Dadurch geraten sie in eine Abwärtsspirale, die es ihnen verwehrt, dringend notwendige Investitionen zu tätigen: etwa in Bildung, Soziales und in Klimaanpassungsmaßnahmen. Von dieser Investitionslücke sind besonders die ärmeren Menschen der Bevölkerung betroffen.

Aufgrund der dramatischen Verschuldungssituation der Inselstaaten in der Karibik werden derzeit wieder international Forderungen nach Schuldenstreichungen laut. Der Tenor: Schuldengerechtigkeit muss ein essentieller Beitrag zu mehr Klimagerechtigkeit sein – auch und gerade vor dem Hintergrund, dass die Hauptverursacher des Klimawandels, die Staaten des Globalen Nordens, auch zu den Hauptgläubigern der betroffenen Staaten zählen. erlassjahr.de fordert bereits seit Jahren ein zweistufiges Verfahren im Falle von Klimakatastrophen: Kurzfristig müssen betroffene Staaten das Recht haben, Schuldendienstzahlungen für einen bestimmten Zeitraum auszusetzen, um unmittelbar Gelder für Not- und Wiederaufbaumaßnahmen vor Ort freizusetzen. Langfristig müssen Schulden, die infolge klimawandelbedingter Zerstörungen untragbar geworden sind, bedingungslos gestrichen werden.

erlassjahr.de unterstützt die Forderung karibischer Aktivist*innen nach einer fairen und rechtsbasierten internationalen Finanzarchitektur. Dabei ist es besonders wichtig, dass Mittel zur Finanzierung der Eindämmung des Klimawandels und der Anpassung an den Klimawandel primär zuschussbasiert oder zu sehr günstigen Bedingungen vergeben werden. Wichtig ist auch, dass der neu geschaffene Loss and Damage Fund – den u. a. die karibischen Inselstaaten über drei Jahrzehnte erstritten haben – finanziell adäquat ausgestattet wird. Die diesjährige Klimakonferenz COP, bei der es im Schwerpunkt um Fragen der internationalen Klimafinanzierung gehen wird, ist für diese Forderungen ein wichtiger Schauplatz. Denn entschlossene internationale Zusammenarbeit und eine gerechte Schuldenpolitik sind zwingend geboten, um die von Klimakatastrophen betroffenen Inselstaaten in ihrem Kampf gegen die Folgen von Klimakatastrophen zu unterstützen.

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