Augsburger Tagung

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25. Oktober 2007

Bis er auf die Homepage kommt, hier Walter Ulbrichs Bericht von einer recht interessanten Tagung in der Hauptstadt Bayrisch-Schwabens, man trifft auch nicht jeden Tag Deutschlands Vertreter im IWF:

Anregender Studientag „Statt unbezahlbarer Schulden verantwortliche Kreditvergabe“

Die Referenten der Augsburger Tagungv.l.n.r.: Kaiser (erlassjahr.de), Schneider (oikokredit), Steffens (Wirtschaftsministerium), Ruck (MdB, entwicklungspol. Sprecher CDU/CSU), Wagner (Hypovereinsbank), Bergmann (KED Bayern, Moderation)

Knapp 40 Teilnehmer erlebten am Freitag, den 19.10.2007, in Augsburg eine sowohl vom Inhalt als auch von der Atmosphäre her sehr gelungene informative Veranstaltung. Die überaus kompetenten Referenten aus dem Bundestag (Dr. Ruck, entwicklungspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion), dem Bundeswirtschaftsministerium (Ministerialrat Steffens, Leiter des Referats Auslandsinvestitionen und der deutschen Delegation im Pariser Club), von der HypoVereinsbank (Herr Direktor Wagner; Leiter Länderrisikoanalyse) sowie Jürgen Kaiser (politischer Koordinator von erlassjahr.de) waren die ganze Zeit anwesend, führten einen sehr offenen Dialog untereinander und äußerten sich dankbar für die vielfältigen Anregungen aus dem interessierten fachkundigen Publikum. Als Grundlage und quasi als Beschreibung des Iststandes diente die Antwort von Bundesministerin Wieczorek-Zeul auf eine vom Oikocredit Förderkreis Bayern ausgegangene Petition an Bundeskanzlerin Merkel im Vorfeld des G8-Treffens (s. www.oikocredit-bayern.de unter News, Rundbrief 2007-1 und Sonstiges).

Weitgehend einig war man sich in den Analysen und den Zielen. Selbst Herr Wagner bedauerte, dass die gute makroökonomische Entwicklung nicht bei der breiten Bevölkerung ankomme. Um eine erneute Überschuldung zu verhindern, seien international verbindliche Regeln zur Kreditvergabe unter Beachtung ökologischer und sozialer Standards dringend nötig. Ziel bleibe für den Schadensfall ein rechtsstaatliches, transparentes und faires Schiedsverfahren unter Einbeziehung aller Beteiligten. Nach Dr. Ruck sei dies derzeit international nicht durchsetzbar. Man könne nur weiter auf freiwillige Vereinbarungen hoffen. Jürgen Kaiser erwog die Möglichkeit, dass ein überschuldeter Staat von sich aus alle Gläubiger zu einem Schiedsverfahren ruft.

Am ehesten werde es noch gelingen, die schlimmen Praktiken der „Geierfonds“ zu unterbinden, in dem man notfalls staatlicherseits die verbliebenen Schulden der HIPC-Länder aufkaufe. Klärungsbedarf blieb, warum private Gläubiger den Vorgaben des Pariser Clubs zum gleichwertigen Schuldenerlass kaum nachkommen. Jürgen Kaiser kritisierte das von der Weltbank vorgelegte Framework zur Neukreditvergabe, das nur Sanktionen auf der Schuldnerseite, jedoch keine auf Gläubigerseite vorsehe. Das widerspreche z.B. dem binnenstaatlichen Insolvenzrecht. Er mahnte die Vertreter von Legislative und Exekutive, die Einbeziehung der neuen Geberländer mit hohen Währungsreserven, allen voran China, werde nur gelingen, wenn sich die bisher tonangebenden Industrieländer im Pariser Club, bei IWF, Weltbank und in anderen internationalen Gremien diesen gegenüber öffnen, in dem sie Privilegien und Machtpositionen abbauen.

Herr Dr. Ruck setzt auf eine größere Transparenz der Geldströme u.a. für Rohstoffe sowie auf kontinuierliche Verbesserungen der Administration in den Entwicklungsländern. Herr Steffens ermunterte die Nichtregierungsorganisationen zur stärkeren öffentlichen Kontrolle der OECD-Leitlinien für international tätige Konzerne. Durch Klagen und entsprechende Publikation könnten die Unternehmen zur Einhaltung gezwungen werden. Offen blieb, ob und wieweit diese Leitlinien auch bei staatlichen Exportkreditbürgschaften (Hermes) greifen, welche weitaus verschuldungs-relevanter sind als Direktinvestitionen. Herr Wagner bedauerte die Vermischung von Entwicklungs-hilfe mit Exportförderung und verwies auf die von Banken vereinbarten Äquator-Prinzipien bei Investitionen, die freilich nicht einklagbar sind.

Dr. Joachim Schneider vom bayerischen Förderkreis stellte schließlich das besondere Profil der Ökumenischen Entwicklungsgenossenschaft Oikocredit heraus. Nur eine intensive Betreuung vor Ort gewährleiste die viel gepriesene Effizienz von Mikrokrediten zur Armutsbekämpfung. Man befürchte durch die derzeit zu beobachtende inflationäre Ausweitung mittels unpersönlicher Mikrokreditfonds eine Kommerzialisierung dieses Konzepts mit der Gefahr zunehmender Insolvenzen bei schlecht betreuten Unternehmensgründungen.

Dr. Walter Ulbrich, im bayerischen Koordinierungskreis von erlassjahr.de
und im Vorstand des Oikocredit Förderkreises Bayern e.V.

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