Ecuador-Tagebuch: Samstag/Sonntag 16. & 17.2.08: Auf dem Land

Avatar photo Jürgen Kaiser, erlassjahr.de
18. Februar 2008

Unser bisheriges Starprojekt in der bilateralen Kommission war der Staudamm Daule-Peripa nördlich von Guayaquil. Am Wochenende wind wir dorthin gefahren, um uns vor Ort umzusehen. Das Ergebnis war sehr zwiespältig. Die Ingenieure der Regionalentwicklungsgesellschaft CEDEGE zeigten ziemlich überzeugend, dass wir es nicht mit einem weißen Elefanten sondern einem insgesamt recht sinnvollen Mehrzweckprojekt (Trinkwasser, Bewässerung, Stromerzeugung) zu tun haben. Wir sind durch Turbinenräume und Trinkwasserzuleitungen gestiegen – was nicht genau genau der Sinn unsere Besuches, aber doch sehr interessant war. 

Am Sonntag trafen wir uns dann in einer sehr eindrucksvollen Versammlung mit Betroffenen des Staudammbaus: Etwa 70 Personen aus den  umliegenden Dörfern, die sich v.a. über zwei Dinge beschweren: (1) Die beim Staudammbau vorgesehene Entschädigung war ziemlich unangemessen (für uns nicht ganz leicht nachzuvollziehen, da Sucre-Beträge aus den achtziger Jahren genannt wurden. Und die Auszahlung war auch nicht immer ganz astrein. (2) Obwohl sie unmittelbar neben dem Staudamm wohnen, haben sie von dem weder Strom noch Trinkwasser. Das ganze Treffen hatte ein bisschen was von den Mobilisaciones Populares, wie ich sie aus achtziger Jahren in Zentralamerika kannte, mit handgeschrieben Transparenten, die immer mal wieder hochgehalten wurden, und politischen Wortführern, die mit dem Duktus von Pfingstpredigern auftreten (und der entsprechenden Lautstärke – ich bin schon eine Weile nicht mehr so angeschrien worden).

Im Ergebnis haben wir Zweifel, dass es eine weitreichende Verantwortung des Kreditgebers (Italien) für alles gibt, was dort schief läuft, sondern dass es vielmehr um einen Konflikt zwischen lokalen Behörden und mit dem Projekt befassten Firmen und der lokalen Bevölkerung geht. Und wenn einer verantwortlich ist, ist es die Interamerikanische Entwicklungsbank, die den Staudammbau finanziert hat, und nicht die Italiener, die in unser (bilaterales) Mandat fallen. Wir werden nun noch überprüfen, ob bei der Preisgestaltung des von den Italienern finanzierten und gebauten E-Werks die Preis im Rahmen geblieben sind, oder es eine Inflationierung der Kredite zugunsten der italienischen Kontraktnehmer gegeben hat. Wer sich mit Kraftwerksbau in den achtziger und neunziger Jahren auskennt, möge sich bitte bei mir melden. Ansonsten übergeben wir das Projekt an die Kolleg/innen von der Multilateralen Kommission.

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