Erklärbar auf Griechisch: Debtocracy zur Schuldenkrise in Griechenland

Avatar photo Kristina Rehbein, erlassjahr.de
12. Juli 2011

„Debtocracy“, eine Reportage zweier griechischer Journalisten von und für die griechische Öffentlichkeit, beschäftigt sich mit den Ursachen der griechischen Schuldenkrise und möglichen Lösungsansätzen, die die bisherige Politik nicht geliefert hat. Die Reportage, die unabhängig von Medieninstitutionen oder Politik gedreht und nur über das Internet verbreitet wurde, macht von Beginn bis zum Ende den wütenden „Standpunkt der Öffentlichkeit“ deutlich: Schuld an der Schuldenkrise sind Politik, gierige Wirtschaftsbosse und der Kapitalismus; das Modell der europäischen Union wird hinterfragt und der Staat soll zum Wohle seiner Bevölkerung Schulden zurückweisen können – so wie Ecuador oder Argentinien.

Die Parallelen zu der Schuldenkrise Argentiniens und dem Schuldenaudit Ecuadors sind dominant, wobei Argentinien für die Ungerechtigkeiten im aktuellen Griechenland („Versklavung“ durch den IWF) herhalten muss und die Parallele zu Ecuador eher aufzeigen soll, welchen Weg sich die Filmemacher wünschen. So nimmt die Glorifikation Correas (Präsident von Ecuador), der nicht nur die Verschuldung Ecuadors auf seine Legitimität hat prüfen lassen, sondern sich auch gegen seine Gläubiger gestellt und Schuldendienstzahlungen eingestellt hat, einen beachtlichen Teil des Films ein. Auch wird das Prinzip der Illegitimen Schulden und der Schuldenaudit in Ecuador in größtmöglicher Ausführlichkeit abgehandelt, um Schuldenaudits und damit verbunden Nichtbezahlen von Schulden als fehlenden Lösungsmechanismus der griechischen Schuldenkrise darzustellen.

Auch wenn der Film erfreulicherweise gleich zu Beginn deutlich macht, dass ein Staat bei Zahlungsunfähigkeit ein Recht haben muss, Schuldendienstzahlungen einzustellen oder Schulden zurück zu weisen, so bewegt sich der Fokus im Laufe des Films bedauerlicherweise recht einseitig hin zu der Ansicht, Schulden seien im allgemeinen illegitim und müssten vollständig zurückgewiesen werden, entstehen sie doch unter dem Paradigma des Neoliberalismus.

Audits zur Überprüfung der Legitimität von Schulden sind definitiv ein richtiger und wichtiger Schritt hin zur fairen Lösung einer Schuldenkrise und zur Einforderung von höherer Transparenz und Rechtsstaatlichkeit; das stellt der Film richtig dar. Jedoch sind Audits und die Zurückweisung jeglicher Schulden unter dem Mantel der Illegitimäts-Doktrin nicht DER fehlende Mechanismus um Schuldenkrisen fair für alle Beteiligten zu lösen. Es ist allenfalls ein (wichtiger) Teil eines geordneten, unabhängigen Verfahrens, welches eine Lösung herbeiführt, die für beide Seiten – Gläubiger- wie auch Schuldnerseite – tragbar ist.

Zu sehen ist der Film (mit deutschen Untertiteln) u.a. bei YouTube und auf http://www.debtocracy.gr/

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