Deutschland reformiert seine Schuldenumwandlungsfazilität: Viele Köche verderben den Brei

Seit 1993 kann Deutschland auf die Rückzahlungen von Entwicklungshilfekrediten aus einigen Ländern des Globalen Südens verzichten, wenn das Partnerland im Gegenzug den gesamten oder einen Teilbetrag für mit dem BMZ vereinbarte Entwicklungsprojekte in nationaler Währung zur Verfügung stellt. Dieses Modell nennt man “Schuldenumwandlung”.

Die Regeln dafür, welche Länder und welche Vorhaben so gefördert werden können, sind im jährlichen Haushaltsgesetz festgelegt sowie in einem “Modalitätenpapier”, welches die auf deutscher Seite beteiligten Ressorts untereinander vereinbart haben. Die noch gültigen Modalitäten gehen auf das Jahr 2008 zurück. Mit Beginn der aktuellen Legislaturperiode wurde die Reform der Fazilität angekündigt, nicht zuletzt weil Schuldenumwandlungen im Kontext der globalen Klimafinanzierungsdebatte an Attraktivität gewannen. Nach zwei Jahren Diskussion zwischen den Ministerien liegt nun eine neue (unveröffentlichte), vor allem zwischen BMZ und BMF vereinbarte Fassung vor. Sie soll voraussichtlich mit dem Haushaltsgesetz 2025 in Kraft treten.

Schon in der Vergangenheit ist die Fazilität sowohl reformiert – als auch immer wieder blockiert – worden. Aus Sicht von erlassjahr.de wird das Potenzial der Fazilität auch nicht durch die aktuelle Reform ausgeschöpft.

Im Einzelnen:

  • Der Plafonds von maximal 150 Millionen € bleibt unverändert. 
  • Der Kreis der begünstigten Länder wird über die bisher prinzipiell zugangsberechtigten Niedrigeinkommensländer und Länder mit niedrigem mittleren Einkommen auf Länder mit höheren mittlerem Einkommen (LICs und LMIC, sowie nun UMICs nach den Definitionen der Weltbank) ausgeweitet. Die Fazilität auf UMICs auszuweiten, war auch aus Sicht von erlassjahr.de einer der wichtigsten Reformvorschläge, gibt es doch keinen sinnvollen Zusammenhang zwischen dem Einkommensniveau eines Landes und der Sinnhaftigkeit einer Schuldenumwandlung. Sie kann in Argentinien oder Barbados ein ebenso sinnvolles Instrument sein wie in Burundi oder Bangladesch. Das ist jeweils von dem finanzierten Vorhaben und den politischen Umständen vor Ort abhängig, nicht aber vom durchschnittlichen Einkommen der Bevölkerung. Dass plötzlich die ganze Welt ihre Schulden bei Deutschland umwandelt verhindert schon das begrenzte jährliche Volumen von 150 Millionen Euro.
  • Der Ausweitung wurde allerdings nur unter der Bedingung zugestimmt, dass UMICs bestimmte Zusatzkriterien erfüllen müssen, wozu neben der grundsätzlichen Qualifizierung für den Resilience and Sustainability Trust des IWF vor allem „Reformbereitschaft“ zählt – zu lesen als: ein IWF-Programm haben – denn sonst gelten sie nicht als würdiger Partner der Bundesregierung, der Unterstützung „verdient“. Immerhin wurde erreicht, dieses unsinnige Zusatzkriterium stark aufzuweichen, so dass sich am Ende doch viele UMICs werden qualifizieren können. So müssen Länder nicht zwingend ein IWF-Programm haben, es reicht auch die Absicht dazu, ohne dass näher spezifiziert ist, woran diese zu erkennen ist. Alternativ können sich auch UMICs qualifizieren, die eine Weltbank-Politikfinanzierung vereinbart haben. Fast alle Länder, welche Schulden aus der Entwicklungshilfe bei Deutschland haben, sind damit nun prinzipiell antragsberechtigt.
  • Neben dieser Ausweitung ist die Umdrehung des bisherigen Überschuldungskriteriums die wichtigste Veränderung: Bislang mussten begünstigte Länder einen klaren Schuldenerlassbedarf nachweisen. Dies etwa dadurch, dass sie ein aktives Umschuldungsabkommen mit dem Pariser Club einschließlich einer so genannten Swap-Klausel hatten, oder sie mussten Schuldenindikatoren jenseits der damaligen HIPC-Schuldenobergrenzen (Schulden im Verhältnis zu den jährlichen Exporteinnahmen von mehr als 150% bzw. laufender Schuldendienst zu den Exporteinnahmen von 15%) aufweisen. Dieses Kriterium ging noch auf die Frühzeit der Fazilität 1992 zurück, als Schuldenumwandlungen noch als Instrument zur Wiederherstellung von Schuldentragfähigkeit im Krisenfall (miss)verstanden wurden. Die Geschichte der Fazilität wie auch die Erfahrungen anderer Länder mit ähnlichen Programmen haben indes gezeigt, dass Schuldenumwandlungen für eine Krisenbewältigung viel zu klein und zu kompliziert sind. Vielmehr können Umwandlungen besonders dann sehr effizient zur Entwicklungsfinanzierung beitragen, wenn die betroffenen Länder zwar Schulden haben, aber noch fiskalisch handlungsfähig sind. Schließlich müssen sie ja die Inlandswährung für die vereinbarten Vorhaben aufbringen. Sinnvoll wäre deshalb schlicht und einfach die Abschaffung dieses Kriteriums gewesen. Der Schuldenstand kann ein Hebel sein, um Umwandlungen im Einzelfall scheinbar objektiv blockieren zu können. Vermutlich deshalb wurde das Kriterium nicht abgeschafft, sondern einfach umgedreht: Künftig dürfen bestimmte, kompliziert definierte Schuldenhöhen nicht überschritten werden.
  • Anders als zuvor sind nun nicht mehr feste Grenzwerte maßgebend, sondern die Schuldentragfähigkeitsanalysen von IWF (und Weltbank) und die darin enthaltenen Kategorisierungen des Überschuldungsrisikos. Für LICs und LMICs, deren Schuldentragfähigkeit nach dem Rahmenwerk für Niedrigeinkommensländer begutachtet wird, ist das noch einigermaßen einfach. Denn sie müssen nach den neuen Regeln vom IWF entweder mit einem niedrigen oder mittleren Überschuldungsrisiko eingestuft sein. Nicht so einfach ist das in Bezug auf LMICs und UMICs, die dem anderen Schuldentragfähigkeitsrahmenwerk des IWF zugeordnet sind, das die Schuldentragfähigkeit im Prinzip aller anderen Länder misst (das sogenannte SRDSF). Hier gibt es keine festgelegten Grenzwerte oder Kategorisierungen. Im Modalitätenpapier behilft man sich damit, indem man einfach bestimmte Obergrenzen aus dem Rahmenwerk für Niedrigeinkommensländer nimmt. An sich nicht verkehrt so vorzugehen, aber – Problem Nr. 2 – im SRDSF gibt es keine dezidierte Analyse der Auslandsverschuldung. Zentrales Konzept ist dort die gesamte öffentliche Verschuldung im In-und Ausland. Unter Umständen erhält man also aus den IWF-Analysen für diese Länder gar nicht die nötigen Daten, die man für die Qualifizierung braucht. Für diese Länder müsste man dann auf Auslandsschulden-Daten aus den International Debt Statistics der Weltbank zurückgreifen (die es aber nicht für alle UMICs gibt). 
  • Hinzu kommt, dass Schuldentragfähigkeitsanalysen des IWF nur nach ausdrücklicher Zustimmung des Schuldnerlandes öffentlich zugänglich gemacht werden. Damit kann es sein, dass Daten einzelner Länder auch deshalb nicht zur Verfügung stehen. Vorher konnten die Daten einfach aus der International Debt Statistics der Weltbank ermittelt werden, brauchte man die Schuldentragfähigkeitsanalyse des IWF ja nicht. Hier behilft man sich im Modalitätenpapier (falls keine Schuldentragfähigkeitsanalyse vorliegt), dass eine “entsprechende Dokumentation” ausreichend sei, was immer das heißen mag.
  • Die schon auf den ersten Blick sehr willkürliche Umdrehung der bisherigen Zugangsbeschränkung wird noch weniger überzeugend dadurch, dass Ausnahmen im Fall von außerordentlichen Umständen, darunter Natur- oder Umweltkatastrophen, ermöglicht werden. Warum die Frage einer ausreichenden fiskalischen Handlungsfähigkeit des begünstigten Landes gerade dann keine Rolle mehr spielen soll, wenn das Land durch eine Naturkatastrophe schwer angeschlagen ist, ist rätselhaft: Entweder die Vorbedingung einer ausreichenden fiskalischen Handlungsfähigkeit macht Sinn oder sie ist ohnehin sinnlos (und kann daher nicht nur im Katstrophenfall ignoriert werden). Warum zudem ausdrücklich in solchen Fällen der Pariser Club vor Umsetzung einer Umwandlung konsultiert werden sollte, bleibt das Geheimnis der Autoren. Gerade, wenn nach Katastrophen die Zahlungsfähigkeit eines Schuldners gefährdet ist, hat selbstverständlich kein Gläubiger etwas dagegen, wenn konkurrierende Gläubiger auf Hartwährungsforderungen verzichten und damit die Wahrscheinlichkeit, dass man selbst bedient, wird, erhöht wird.
  • Bei der letzten Reform 2008 erstritt das damalige BMZ eine gewisse Liberalisierung und Öffnung des Instruments dadurch, dass der Bundestag eine Notbremse einbauen konnte: Vor der Aufnahme von Verhandlungen im Einzelfall musste der Haushaltsausschuss des Bundestages zustimmen. Das führte dazu, dass der wichtigste Ausschuss des Parlaments in seiner allerletzten Sitzung des Jahres, in der er im Rennen gegen die Uhr die letzten Milliarden im Haushalt des kommenden Jahres zwischen den Ressorts hin- und herschiebt, darüber befinden musste ob 15 Millionen Euro für den Wiederaufbau eines nationalen Gesundheitslabors in El Salvador sinnvoll investiert sind oder eher nicht – ohne dass die meisten Mitglieder wussten, was es mit diesem komischen Salvator überhaupt auf sich hat. In den neuen Modalitäten ist nur noch von einer „Information des Haushaltsausschusses“ die Rede, während im Haushaltsgesetz selbst weiterhin die Zustimmung des Ausschusses eingefordert wird.
  • Besonders skandalös aus Sicht von erlassjahr.de: dem Bundesfinanzministerium wird explizit ein Vetorecht eingeräumt – während in den alten Modalitäten stets von einer Abstimmung unter “den Ressorts” (gemeint: BMZ, BMZ, AA und BMWi sowie in der Regel auch deren Vorfeldorganisationen KfW und GIZ einbezogen wurden) die Rede war. 

Es ist sehr bedauerlich, dass das Potenzial der Fazilität bei diesem Reformprozess nicht ausgeschöpft wurde und die konkrete Überarbeitung in der Praxis sogar die Anwendung der Fazilität im Einzelfall erschweren könnte. Denn noch immer ist Deutschland nur eines von drei Ländern, die über eine klar definierte Schuldenumwandlungspolitik verfügen und in Nord und Süd dafür zu Recht Anerkennung genießen.

Ecuador – Credit Suisse: Ein Debt for Nature Swap ist etwas anderes

Große Medienaufmerksamkeit fand Anfang Mai der Ankauf ecuadorianischer Schulden in Höhe von 1,63 Milliarden US-Dollar auf dem Sekundärmarkt durch die Schweizer Großbank Credit Suisse (CS). Die zwischen 2030 und 2040 fällig werdenden Staatsanleihen Ecuadors wurden wegen der kritischen Wirtschaftslage des Landes zwischen 35,5 und 53,25 Prozent ihres Nennwerts gehandelt. Entsprechend konnte die Credit Suisse die 1,63 Milliarden für letztlich nur 656 Millionen US-Dollar kaufen. Zur Finanzierung der Operation hat die CS einen Blue Bond auf den Markt geworfen, den es durch den laufenden Schuldendienst Ecuadors auf die verbliebenen Forderungen in gleicher Höhe finanziert.

Zusätzlich verpflichtete sich Ecuador, jährlich 18 Millionen US-Dollar für den Schutz des sensiblen Galapagos-Archipels bereitzustellen. Diese zusätzliche Verpflichtung war ein wichtiges Verkaufsargument, welches es der CS gestattet hat, ihren Blue Bond an naturschutzinteressierte Anleger zu verkaufen.

Das ganze Paket wurde in den Medien als Debt for Nature Swap präsentiert – obwohl es das eigentlich nicht ist. Denn ein Debt for Nature Swap – oder generell jeder Tausch von Schulden in die Bereitstellung von Mitteln für Entwicklungsvorhaben im weiteren Sinne im Schuldnerland – beinhaltet eigentlich den Verzicht eines Gläubigers im Gegenzug für die vereinbarten entwicklungsfördernden Maßnahmen. So setzt beispielsweise die Bundesregierung, ebenso wie die Regierungen Italiens und Spaniens, das Instrument der Schuldenkonversion ein, und so haben auch die großen Schuldenumwandlungsprogramme der Vergangenheit funktioniert.

Im vorliegenden Fall und einigen anderen jüngeren Fällen ist das anders: Die ursprünglichen Gläubiger erhalten das, was ihre Forderungen tagesaktuell wert sind, verzichten freiwillig mithin auf nichts. Ein Investor (hier die CS) wird Inhaber eines – überdies wegen einer Kreditgarantie der (öffentlichen) Interamerikanischen Entwicklungsbank ausgesprochenen Garantie komplett risikolosen – Forderung an Ecuador. Und nur die Einsparungen infolge des gefallenen Sekundärmarktwerts – die Ecuador, wenn es die Mittel dazu gehabt hätte, auch ohne die CS ganz alleine hätte realisieren können – bieten den Spielraum für die erwünschten Investitionen in den Naturschutz.

Dass das attraktive Etikett Debt-for-Nature sich in dieser Weise von privaten Investoren aneignen lässt, hat auch mit den veränderten Gläubigerprofilen kritisch verschuldeter Länder zu tun: Ein wachsender Anteil gerade in Mitteleinkommensländern wie Ecuador entfällt nicht auf öffentliche, sondern auf private Anleihegläubiger. Anders als manche philanthropische Privatgläubiger in den früheren Phasen der globalen Schuldenkrise, sind heutige Anleger zu Forderungsverzichten jenseits dessen, was ihnen durch den gefallenen Marktpreis ohnehin schon verloren gegangen ist, nicht bereit. Das oben beschriebene Modell bietet nun die Möglichkeit, aus einer oder aus einer aus mehreren miteinander verknüpften kommerziellen Teilgeschäften verbundenen Operation ein menschenfreundliches Bild zu zeichnen und es mit dem traditionellen Etikett Debt for Nature Swap zu versehen.

Würde es den Investoren tatsächlich um massive Investitionen in den Naturschutz und nicht um eine lukrative Anlage plus ein bisschen Naturschutz nebenher gehen, könnten sie auch – so wie einige öffentliche Gläubiger das tun – auf eigene Forderungen gänzlich verzichten, und im Gegenzug eine Kooperation mit Partnern aus dem zivilgesellschaftlichen Bereich, Internationalen Finanzinstitutionen und relevanten Geberregierungen des betreffenden Landes zu echten Sponsoren für den Naturschutz werden.

Profitabel im engeren Sinne wäre das indes nicht. Sozial und ökologisch profitabel durchaus.

Dänemark entschädigt Opfer des Klimawandels – noch besser als ein Entschädigungsfonds wären Schuldenerleichterungen

Die dänische Regierung hat in dieser Woche 100 Millionen Dänische Kronen (ca. 13,4 Millionen Euro) für die Entschädigung von Ländern bereitgestellt, welche infolge des Klimawandels (vorübergehende) Schäden und/oder (dauerhafte) Verluste erleiden. Damit durchbricht die dänische Regierung den lange gepflegten informellen Konsens unter den Industrieländern, zwar Mittel für Anpassung an und Bekämpfung des Klimawandels, nicht aber für die Behebung von Schäden und Verlusten bereitzustellen. Der Grund für diese bislang durchgehaltene Weigerung ist die Befürchtung, jegliche Kompensation für Schäden und Verluste könnte als Eingeständnis der (unbestreitbaren) Verantwortung der großen Emittenten für solche Schäden angesehen werden, und entsprechend weitergehende Forderungen der Betroffenen nach sich ziehen. 

Dass Dänemark diese in der Sache unhaltbare und politisch wie moralisch fragwürdige Haltung als erster souveräner Staat (Schottland hatte bei der letzten COP bereits ein ähnliche Zusage gemacht) aufgegeben hat, ist aller Ehren wert. Dass Außenministerin Baerbock und Kanzler Scholz ebenfalls – wenngleich noch ohne konkrete Zusagen – angekündigt haben, Länder, die Schäden und Verluste erleiden “nicht alleine zu lassen”, kann den Opfern der Überschwemmungen in Pakistan oder des Hurrikans Fiona in der Karibik in diesen Tagen Mut machen.

Aber es ginge noch besser.

Der von Dänemark angeregte und hoffentlich auch von anderen großen Emittenten zu bestückende Entschädigungsfonds wäre zweifellos ein Fortschritt. Aber, wie alle solchen multilateralen Fonds würde er auch mit spürbaren administrativen und bürokratischen Hürden zu kämpfen haben: Wer wird überhaupt zugangsberechtigt? In welchem Umfang? Wer fällt darüber letztlich die Entscheidung? Wie schnell lassen sich gegebenenfalls Mittel für die unmittelbare Katastrophenhilfe mobilisieren? Dazu kommt, dass Mittel erst einmal mobilisiert und dann irgendwo “geparkt” werden müssen. Oder sie müssen als Garantien für von dritter Seite zu mobilisierende Mittel zugesagt werden. Das kann funktionieren, bedeutet aber in jedem Fall einen zusätzlichen Verwaltungsschritt und höhere Kosten für die kurzfristig zu mobilisierenden Drittmittel.

Der Verband der kleinen Inselstaaten (AOSIS) hat demgegenüber vorgeschlagen, eine multilaterale Vereinbarung über ein für alle Gläubiger verbindliches Schuldenmoratorium im Katastrophenfall zu treffen. Das heißt, in dem Moment, in dem etwa das UNO Büro für Katastrophenvorsorge (UNDRR) einen Katastrophenfall eines bestimmten Ausmaßes feststellt, zahlt das betroffene Land an keinen ausländischen Gläubiger mehr den vertraglichen Schuldendienst, sondern kann die Mittel, die sich bereits im Land befinden für die Katastrophenhilfe und die erste Phase des Wiederaufbaus nutzen. Gleichzeitig schafft das Moratorium den zeitlichen und materiellen Spielraum für Verhandlungen zwischen dem betroffenen Land und der Gesamtheit seiner Gläubiger über eine eventuell notwendige Umschuldung. Die zwischenzeitliche Uneintreibbarkeit der Forderungen an das Katastrophenopfer könnte  – wie bereits im Fall des Irak geschehen – durch eine Resolution des Weltsicherheitsrates gewährleistet werden.

Die Schulden eines Katstrophenopfers in Hilfe zu verwandeln hätte eine Reihe von Vorteilen:

  • Es wäre kein zeitraubender Pledging Prozess notwendig. Die zu verwendenden Mittel sind bereits in den Händen der betroffenen Regierung. Sie müssen nur intern umgewidmet werden.
  • Das Instrument verursacht für die externen Unterstützer nur dann Kosten, wenn eine Katastrophe tatsächlich eintritt. Es müssen keine Mittel anderen sinnvollen Verwendungszwecken, etwa im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit, entzogen werden. 
  • Je nach Ausmaß der Katastrophe ist es ohnehin fragwürdig, ob das betroffene Land seinen Schuldendienst vertragsgemäß weiter leisten kann. Es wäre nun bereits ein allgemeines Verfahren etabliert, nach dem die Schuldentragfähigkeit nach der Katastrophe von kompetenter Seite festgestellt und eine eventuell notwendige Umschuldung ausgehandelt werden kann.
  • Es fiele der Druck auf das betroffene Land weg, auch in der Katastrophe weiter Schuldendienst zu leisten – wie in der Vergangenheit z.B. in der Ostkaribik geschehen – auch auf Kosten einer wirksamen Katastrophenhilfe und des Wiederaufbaus. 
  • Die Kosten des Wiederaufbaus würden von allen getragen, welche sich in dem betroffenen Land engagieren – statt von wenigen gutwilligen Regierungen und ihren Steuerzahlern.
  • Die Ampel-Koalition hat sich in ihrem Koalitionsvertrag verpflichtet, auf die Schaffung eines geordneten Staateninsolvenzverfahrens hinzuwirken. Eine solche im Rahmen der nächsten COP zu treffende Vereinbarung unter allen Vertragspartnern könnte zeigen, dass multilaterale Vereinbarungen Wirkung entfalten können – schon bevor die gesamte globale Schuldenarchitektur vom Kopf auf die Füsse gestellt worden ist.

Kleine Inselstaaten: im Auge des (Schulden-)Hurrikans

Wadadli – in der indigenen Sprache Antiguas so viel wie: “Wir selbst”. erlassjahr.de durfte gleichwohl mit beraten.

Anfang August trafen sich rund 100 Vertreter*innen der Allianz der kleinen Inselstaaten (AOSIS) auf der Karibikinsel Antigua. Thema war die Entwicklung gemeinsamer Strategien für die Mitgliedsstaaten, die gleichzeitig von der dreifachen globalen Krise aus Klimawandel, Covid-Folgen und Preissteigerungen durch den Krieg in der Ukraine betroffen sind. Jürgen Kaiser war für erlassjahr.de mit einem Beitrag zur sich verschärfenden Schuldenkrise vieler Länder dabei.

Es wurde deutlich, dass die kleinen Inselstaaten mit den existierenden Instrumenten keine Chance haben, aus einer lebensbedrohlichen Überschuldungssituation herauszufinden. Allerdings zeigte sich auch, dass die Länder sowohl einzeln als auch als Gruppe wenig Hoffnung haben, tatsächlich Einfluss auf globale Entschuldungsverfahren nehmen zu können. Prozesse, die mühsam in der UNO auf den Weg gebracht werden müssen, oder gar ihre minimalen Einflussmöglichkeiten innerhalb des IWF zu einer Initiative zu bündeln, erschienen als eine sehr ferne Handlungsoption.

Kurzfristig vielversprechender erschien demgegenüber eine andere für die Schuldenfrage relevante Thematik, nämlich die, wie Länder sich überhaupt für Schuldenerleichterungen qualifizieren können. Aktuell ist eine Reihe kleiner Inselstaaten sowohl vom Zugang zu zinsgünstigen Krediten als auch von Schuldenerlassen ausgeschlossen. Grund dafür ist ihr zu hohes Pro-Kopf-Einkommen. Da Schuldenprobleme aber in Ländern aller Einkommenskategorien auftreten können, ist die Beschränkung des Zugangs zu Schuldenerleichterungen auf Grund des Pro-Kopf-Einkommens eine unsachgemäße Beschränkung.

AOSIS hat nicht nur die bisherige Praxis zu kritisiert, sondern positiv auch versucht eine Alternative ins Gespräch zu bringen: den „Multidimensionalen Vulnerabilitätsindex“ (MVI). Dieser soll ein breites Spektrum von Gefährdungen abbilden, denen kleine Inselstaaten besonders ausgesetzt sind. Allerdings sind die bislang auf dem Tisch liegenden Vorschläge für einen MVI noch mit mindestens zwei gravierenden Problemen behaftet: (1) Er versucht Gefährdungen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit durch ein breites Spektrum von Faktoren abzubilden. Für eine Reihe dieser Faktoren stehen trotz aller Bemühungen etwa der Vereinten Nationen allerdings schlicht keine hinreichenden Daten zu Verfügung. (2) Wo diese Daten zur Verfügung stehen, stellt sich die Frage, wie sehr unterschiedliche Aspekte zueinander zu gewichten sind. Was heißt es für Verletzlichkeit und die Notwendigkeit von Schuldenerleichterungen, wenn ein Land bei der Einschulung von Kindern vorbildlich ist, es am Bau von Schutzräumen für den Fall eines Wirbelsturms aber fehlen lässt – und es sich in einem anderen genau umgekehrt verhält?

Der UN-Generalsekretär hat dazu ein Expert*innen-Panel unter Leitung des Premierministers von Antigua & Barbuda, Gaston Browne, und der ehemaligen norwegischen Regierungechefin Erna Solberg berufen. Auf der Tagung wurde von Mitgliedern des Panels schon mal vorsichtig angedeutet, dass der erhoffte anwendungsfähige Index bei der UN-Vollversammlung eher noch nicht zu erwarten sein werde.

Die Tagungsteilnehmer*innen konnten sich an den Stränden von Antigua in schönster karibischer Idylle treffen. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Region sich bereits mitten in der Hurrikan-Saison befindet. Ob und wenn ja auf welcher Insel noch in diesem Jahr damit gerechnet werden muss, dass wieder 100 oder gar 200 Prozent der gesamten jährlichen Wirtschaftsleistung in einer Nacht vernichtet werden, kann niemand vorhersagen. Unter solchen Umständen wäre eine pro-aktive Politik zur Bewältigung von Schäden und Verlusten (Loss & Damage) wie die Bundesregierung sie noch im Mai dem AOSIS-Vorsitzenden in Berlin zugesagt hatte, umso dringender.

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Vor vierzig Jahren: Mit Mexikos Zahlungseinstellung beginnt die “Schuldenkrise der Dritten Welt”

Im August 1982 musste Mexiko zwischenzeitlich die Zahlungen an seine Gläubiger – vor allem US-amerikanischen, japanischen und britischen Banken – aussetzen. Dieser Schritt der zweitgrößten Volkswirtschaft Lateinamerikas wird gemeinhin als Beginn der großen Schuldenkrise im Globalen Süden der 1980er und 1990er Jahre angesehen. Zahlreiche weitere lateinamerikanische und asiatische Länder waren bald gezwungen, dem mexikanischen Beispiel zu folgen.

Wie war es dazu gekommen?

Mexiko hatte in den 19070er und 1980er Jahren seine ambitionierte Industrialisierungspolitik primär aus zwei Quellen finanziert: zum einen aus den seit 1973 steigenden Öleinnahmen, zum anderen durch extensive Auslandsverschuldung. 1981 gerieten beide Einnahmequellen in die Krise: Eine weltweite Konjunkturschwäche ließ den Ölpreis zurückgehen. Gleichzeitig verwandelte die Aufrüstungspolitik des neuen US-Präsidenten Reagan Mexikos wichtigsten Nachbarn fast über Nacht vom größten Kapitalanbieter weltweit in den größten Nachfrager. Die globalen Zinsen stiegen entsprechend dramatisch an, während Mexikos Exporteinnahmen zurückgingen. Der Mexikanische Peso verlor 40 Prozent seines Wertes gegenüber dem US-Dollar. Das größte Wirtschaftskonglomerat des Landes, die Grupo Alfa, rutschte in die Insolvenz. Das mexikanische Finanzierungsmodell funktionierte nicht mehr.

Schuldenerlasse lagen damals jenseits der Vorstellungen aller Beteiligten. Statt das faktische Insolvenzproblems Mexikos anzuerkennen, wurde stillschweigend angenommenen, dass die Zahlungseinstellung lediglich auf eine Liquiditätslücke zurückgehe. Die mexikanische Regierung bemühte sich daher zunächst, Gelder zu mobilisieren, um ihren Schuldendienst weiter leisten zu können. Dazu wandte sie sich einerseits an den Internationalen Währungsfonds (IWF) mit der Bitte um Krisenfinanzierung und forderte andererseits seine mehr als 500 Gläubigerbanken auf, frisches Geld zu akzeptablen Bedingungen zur Verfügung zu stellen. Im Juli 1982 kamen von den Banken noch einmal 2,5 Milliarden US-Dollar. Im August lehnten sie weitere Finanzierungen hingegen ab. Mexiko konnte nicht mehr zahlen und stellte den Schuldendienst an seine Gläubiger ein.

Gegensätzliche Interessen

Die Weigerung der Banken, dem schlechten Geld weiterhin gutes in Richtung Mexiko nachzuwerfen, war einerseits ein angemessener Akt der Vorsicht. Auf der anderen Seite bedrohten sie sich damit jedoch in starkem Maße selbst: Die rigide Bankenaufsicht in den USA sah mit Argusaugen auf die in den Bankbilanzen geführten Aktiva, die als Sicherheiten für die eigenen Kreditgeschäfte der Institutionen dienten. Fielen Zahlungen aus, mussten die Banken umgehend drastischer Wertberichtigungen vornehmen. Dadurch war Mexikos Krise auch eine des US-Bankensystems.

Der IWF verfolgte in Mexiko im Prinzip die gleiche Strategie wie in anderen verschuldeten Ländern: Er bot eine Zwischenfinanzierung gegen eine dramatische Reduzierung des fiskalischen Defizits, das in Mexikos Fall in der Größenordnung von fast 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts lag. Als man im September 1982 beim IWF von einer gerade noch politisch durchsetzbar scheinenden Reduzierung des Defizits auf 5 Prozent ausging, zeigte die Modellrechnung, dass nach den Finanzierungen des IWF und anderer öffentlicher Geber noch immer eine Finanzierungslücke von 5 Milliarden US-Dollar im Jahr 1983 bleiben würde. Diese musste – so die Erwartung des IWF – durch frisches Geld der Gläubigerbanken aufgebracht werden. Es dauerte bis zum März 1983, bis dieses Geld beisammen war, und die letzten sieben der über 500 Banken entsprechende Zusagen unterschrieben.

Die mexikanische Politik – und die Besetzung der Schlüsselpositionen der mexikanischen Finanzpolitik – schwankten in dieser Zeit zwischen Akzeptanz der vom IWF geforderten Maßnahmen als Voraussetzung für Rettungsgelder einerseits und dem Versuch einer Selbstbehauptung andererseits, beispielsweise durch die Einführung von Devisenkontrollen – schon damals eine Todsünde in den Augen der marktliberalen Orthodoxie des IWF.

Tatsächlich konnte Mexiko mit diesem Mix aus Trotz und Unterwerfung die Krise nicht überwinden, sondern sich nur Zeit kaufen. Neue Kreditzusagen der Gläubiger waren noch zwei weitere Male notwendig. Erst Ende der 1980er Jahre wurde klar, dass die Bereitstellung neuer Gelder die Krise nicht lösen konnte und im Rahmen des sogenannten Brady-Plans erstmals echte Abschreibungen privater Forderungen erreicht und zumindest die Krise von 1982 als überwunden angesehen werden konnte.

Die Folgen der nicht bewältigten, sondern durch immer neue Kredite nur verlängerten Krise waren für Mexiko enorm: Von einer „aufholenden“ Industrialisierungsstrategie vor der Krise verwandelte sich das Land in eine der ersten „verlängerten Werkbänke“ der USA (bevor es aus dieser Rolle von den noch billiger fertigenden Ländern in Asien auch wieder verdrängt wurde).

Was lässt sich aus der mexikanischen Schuldenkrise lernen?

  • Staaten, die sich im Ausland verschulden, um so nationalen Konsum statt Investitionen zu finanzieren, machen sich für externe Schocks extrem angreifbar. Das gilt für das damalige mit Sozialleistungen auf Massenloyalität zielende mexikanische Modell ebenso wie die Klientelpolitik von Steuersenkungen für die Reichen durch die 2022 gestürzte Regierung Sri Lankas oder die Finanzierung der Kapitalflucht der Eliten durch einen IWF-Megakredit der Macri-Regierung in Argentinien 2018.
  • Die Entwicklung globaler Zinsen liegt nicht in der Hand ärmerer und abhängiger Staaten. Wie Mexiko 1982 sind auch die Schwellenländer, die im August 2022 besorgt auf die Zinsanhebungen der Fed und der Europäischen Zentralbank schauen, ohne jeden Einfluss auf Politikentscheidungen, die sie fast über Nacht zahlungsunfähig machen können.
  • Staatliche Insolvenzen lassen sich durch die Zuführung frischen Geldes nicht überwinden, sondern nur aufschieben. Fast immer ist eine aufgeschobene Krisenlösung am Ende teurer als eine zeitige es hätte sein können. Und das nicht nur für den Schuldner, sondern auch für die meisten Gläubiger.
  • Das Fehlen einer umfassenden Gläubigerkoordination ist ein entscheidendes Hindernis bei der Krisenbewältigung. Mexikos private Geldgeber beklagten, dass sie fünfmal so viel an frischem Geld bereitstellen sollten wie die öffentlichen Gläubiger. Die USA versuchten überdies noch durch eine Öl-Vorfinanzierung Mexiko de facto einen mit satten 18 Prozent verzinsten Überbrückungskredit anzudrehen. Solche individuelle Interessendurchsetzung inmitten einer global ausbrechenden Krise stellt sich heute im unvollkommen funktionierende Entschuldungsrahmenwerk Common Framework der G20 nicht anders dar als damals: China unterläuft das Common Framework, indem es Transparenz über den kritischsten Teil seiner Forderungen verweigert; der Privatsektor, indem er immer neue Regeln für seine Beteiligung formuliert, sich aber an fast nichts beteiligt; und der öffentliche Sektor weigert sich, eine verbindliche Beteiligung aller Gläubiger zu erzwingen.

Bei allen von den Umständen erzwungenen Schuldenstreichungen wie etwa der Entschuldungsinitiative für die hoch verschuldeten armen Länder: Staaten, die heute in die Krise geraten – selbst nach Einschätzung des IWF sind es mehr als 30 in allen Einkommenskategorien –, haben heute keine besseren Aussichten auf eine rasche und effiziente Krisenüberwindung als Mexiko im August 1982.

Allerdings: Mit der um sich greifenden Krise wuchsen weltweit die systemkritischen und solidarischen Bewegungen. Indirekt, kann man sagen, verdankt auch erlassjahr.de seine Existenz den dramatischen Ereignissen zwischen August 1982 und dem Frühjahr 1983.

AOSIS-Delegation in Deutschland: Kleine Inselstaaten brauchen Schuldenerlass

„Es ist gut, dass die westlichen Länder der unverschuldet in Not geratenen Ukraine politisch und materiell beistehen. Aber auch viele der 39 kleinen Inselstaaten im AOSIS-Netzwerk sind ohne eigenes Verschulden durch den Klimawandel existenziell bedroht. Und uns nimmt kaum jemand wahr.“ Das sagte Botschafter Walton Webson, der Vorsitzende der Alliance of Small Island States (AOSIS), als er im Mai 2022 auf Einladung von erlassjahr.de Gespräche mit vier Ministerien und zwei Bundestagsfraktionen in Berlin und Bonn führte.

Faust auf Faust: Staatsekretärin Morgan und Botschafter Webson

Auffällig war, dass das Gespräch mit denjenigen, die traditionell in der Pariser Club-Delegation für Schuldenfragen zuständig sind, sich eher im Austausch nur allzu bekannter Positionen erschöpfte, während neue Impulse und auch ein erkennbarer Wille, etwas neu und anders zu machen, aus den neu geschaffenen Klima-Politik-Abteilungen im Auswärtigen Amt und im umgetauften Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) kamen.

Jennifer Morgan, Staatssekretärin im Auswärtigen Amt, kannte AOSIS und den Botschafter bereits aus ihrer Zeit bei Greenpeace und regte einen kontinuierlichen Austausch zwischen der Bundesregierung und dem Netzwerk an. Die nächsten Gespräche könnte es schon im kommenden Monat in New York geben. Dabei war AOSIS die politische Zusammenarbeit mit der Bundesregierung als gewichtiger Stimme in EU, G7 und G20 mindestens ebenso wichtig wie die materielle Unterstützung für die Arbeit des Netzwerks, wie sie etwa Italien schon seit einigen Jahren leistet.

Konkrete Unterstützung von deutscher Seite erbaten Botschafter Webson und sein Team für zwei strategische Vorhaben:

  • Die Schaffung einer Entschuldungsmöglichkeit für Länder, die Opfer von klimawandelbedingten Naturkatastrophen werden. Die Schulden-Erklärung von AOSIS im Sommer 2020 hatte dazu bereits sehr konkrete Vorschläge für eine Kombination von unmittelbarem Moratorium und umfassender Umschuldung vorgelegt. Dieser Vorschlag wird auch ausdrücklich vom karibischen Entschuldungsnetzwerk JubileeCaribbean und erlassjahr.de unterstützt.
  • Die Ausformulierung eines Multidimensionalen Verletzlichkeits-Index (MVI), welcher eine zentrale Rolle bei der Bestimmung von Schuldentragfähigkeit spielen sollte. Da reichere Länder ebenso wie ärmere in die Überschuldung geraten können, ist die Beschränkung des Zugangs zu Schuldenerleichterungen allein für ärmere Länder nicht sinnvoll. Es gibt verschiedene Vorschläge für einen MVI, von denen noch keiner hinsichtlich Ausgestaltung und Anwendung vollkommen ist. Deswegen ist die Mitarbeit der Bundesregierung hier besonders willkommen.

Die weitere Arbeit am MVI war auch einer der Bereiche, bei denen sich sehr schnell ein Konsens mit der neuen entwicklungspolitischen Sprecherin der bündnisgrünen Bundestagsfraktion, Deborah Düring, zeigte. Sie hatte bereits in der Vorwoche eine Anhörung zum Inhalt des Schuldenreport 2022 im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit organisiert, bei der ej-Koordinatorin Kristina Rehbein und Staatssekretärin Bärbel Kofler aus dem BMZ die Positionen unseres Bündnisses bzw. der Bundesregierung vorgestellt hatten. Leider war wegen des parallel laufenden G7-Entwicklungsministertreffens eine Begegnung des Botschafters mit Frau Kofler nicht zustande gekommen.

Positiv überrascht war die Delegation auch vom Gespräch mit dem entwicklungspolitischen Sprecher der FDP-Fraktion, Til Mansmann. Dass bei den aktuellen Entschuldungsverfahren DSSI und Common Framework der Privatsektor sich einfach nicht beteiligt, ist aus der Sicht des Liberalen unakzeptabel.

Unter der Präsidentschaft von Antigua und Barbuda gelingt es endlich, die Stimme der Opfer des Klimawandels auch in den Zentren des globalen Finanzsystems hörbar zu machen. Die Offenheit einiger der deutschen Gesprächspartner*innen, dringenden Handlungsbedarf wahrzunehmen, wird hoffentlich noch in diesem Jahr zu konkreten nächsten Schritten etwa bei den Beratungen der Vereinten Nationen oder bei der Jahrestagung von IWF und Weltbank im Herbst führen.

Weitere Informationen:

Mildes IWF-Programm für Argentinien?

Anfang März einigte sich die IWF-Delegation in Buenos Aires mit der argentinischen Regierung auf die Auszahlungsbedingungen des im Januar dieses Jahres vereinbarten Neukredits in Höhe von 44 Milliarden US-Dollar. Nur mit diesen frischen Mitteln wird das seit Jahren überschuldete Länder den noch von der vorherigen Regierung vereinbarten IWF-Kredit bedienen können. Die Regierung muss das Programm nun durchs Parlament bringen. Wenn das geschehen ist, muss der IWF die Zustimmung seines Vorstandes einholen – dann können die Dollars nach Buenos Aires fließen.

Ein genauerer Blick auf das Abkommen lohnt sich, denn es spiegelt einige der Lektionen wider, die der IWF nach eigenem Bekunden aus dem Scheitern seiner traditionellen Strukturanpassungsprogramme gelernt hat:

  • Das Programm verzichtet weitgehend auf das Mikromanagement der argentinischen Fiskal- und Wirtschaftspolitik und beschränkt sich auf die Vorgabe von Eckdaten zur Inflationsbekämpfung und zur fiskalischen Konsolidierung.
  • Der Abbau von Energiesubventionen ist eine der wenigen darüber hinaus gehenden Vorgaben. Er soll aber auch nur stufenweise erfolgen und überdies nicht „alle Bürger gleichermaßen treffen.“ Vielmehr soll er mit Abfederungsmaßnahmen für die Armen umgesetzt werden.
  • Bis 2025 soll das regelmäßige Defizit abgebaut und ein ausgeglichener Haushalt erreicht werden, aber auch dies soll schrittweise von aktuell noch -2,5 Prozent auf 0 Prozent im Jahr 2025 geschehen.

Argentinien kann bei positiven Beschlussfassungen im Parlament und im IWF-Vorstand auf rasche und umfangreiche Auszahlungen aus Washington hoffen. Die höchsten Auszahlungen des Kredits finden schon im laufenden Jahr statt, um zu vermeiden, dass Argentinien infolge eventueller externer Schocks trotz der Zusagen aus Washington in die Illiquidität gerät.

Bislang ist auf der Grundlage der getroffenen Vereinbarungen noch nicht abzusehen, ob Argentinien einen dauerhaften Kurswechsel des IWF symbolisiert oder dies nur dazu diente, im allerletzten Moment vor einer erneuten argentinischen Staatspleite eine besonders fette Kuh vom Eis zu holen.

Ein Stück weit entscheidet sich das Schicksal Argentiniens auch in der fernen Ukraine: Wenn der Ausfall eines der größten Getreideproduzenten der Welt die Preise auch für Agrargüter in die Höhe treibt, könnte unter dem Strich Argentinien davon erheblich profitieren.

Wer zahlt für die Fehler des IWF? – Anmerkungen zum Evaluierungsbericht des jüngsten IWF-Programms mit Argentinien

Am 22.12. veröffentlichte der Internationale Währungsfonds (IWF) den Auswertungsbericht zu seinem 2018 bewilligten und 2019 abgebrochenen Programm mit Argentinien. Der Bericht spricht viele wichtige Schwächen des gescheiterten Programms an, umschifft aber alle Fragen nach Konsequenzen im Blick auf die Strukturen des Fonds selbst. Die dem Bericht beigefügte Stellungnahme der argentinischen Regierung spricht diesbezüglich einige Punkte an.

Das Programm von 2018

Im Juni 2018 einigte sich die damalige argentinische Regierung unter Präsident Macri mit dem IWF auf ein Stand-By-Abkommen, welches nach seiner Ausweitung im Oktober desselben Jahres das größte Kreditprogramm in der IWF-Geschichte wurde: 41 Milliarden Sonderziehungsrechte (SZR), das entspricht 57 Milliarden US-Dollar, sollte es umfassen. Das entspricht 1277 Prozent der argentinischen Quote im IWF. Normalerweise liegt die maximale Kreditaufnahme für ein Land bei 185 Prozent. Schon im August 2019 wurden die Programmvorgaben nicht mehr eingehalten, nachdem nur vier von vorgesehenen zwölf Überprüfungen des Programms stattgefunden hatten. Allesamt kamen sie zu einem positiven Fazit – bis zum Abbruch des Programms. Die 2019 gewählte neue peronistische Regierung unter Präsident Fernández kündigte das Abkommen im Juli 2020, nachdem von der Gesamtsumme 32 Milliarden SZR (45 Mrd. Mrd. US-Dollar) ausgezahlt waren und heute den größten Einzelposten unter den Gesamtschulden Argentiniens ausmachen.

Unmittelbar vor Weihnachten 2021 veröffentlichte der IWF seinen Auswertungsbericht, in dem die Schwächen des Programms und die Gründe für sein Scheitern aus der Sicht des IWF dargelegt werden. Zusammen mit dem IWF-Bericht (im Folgen als Seitenzahlen S oder Abschnitte pt zitiert) wurde auch eine Stellungnahme der aktuellen argentinischen Regierung (Seitenangaben im Anhang IV als GoA) veröffentlicht. Die beiden Dokumente – das des IWF fokussiert eher auf die technischen, das argentinische eher auf die politischen Schwächen des Programms – stimmen in vielem überein, weisen aber auch Unterschiede auf. Spannend sind die möglichen und notwendigen Konsequenzen, die sich ergeben müssten, im Hinblick auf (a) die Gestaltung künftiger Programme des IWF und (b) den Umgang mit den aus dem gescheiterten Programm resultierenden Schulden Argentiniens beim IWF.

Warum ist das Programm nicht erfolgreich gewesen?

Zentral war, dass beide Seiten davon ausgingen, Argentinien habe 2018 kein Solvenz-, sondern lediglich ein Liquiditätsproblem. Entsprechend waren die Mittel des IWF ursprünglich nur als „Notfallreserven“ (precautionary) gedacht, auf die die Regierung bei normalem Programmverlauf gar nicht zugreifen müsse. Sie sollten lediglich externen Investoren signalisieren, dass Argentinien auf jeden Fall zahlungsfähig bleiben würde (S. 17). Der Notfall trat indes sehr schnell ein, da die Hartwährungsreserven in Abwesenheit von Kapitalverkehrsbeschränkungen vor allem die Flucht aus der unter Inflationsdruck stehenden nationalen Währung Peso finanzierten, ohne in der erhofften Weise Kapitalzuflüsse aus dem Ausland anziehen zu können. So wurde der Charakter des Programms in fully disbursing verändert (S. 47).

Fehler des IWF

Aus IWF-Sicht (S. 15) ist der Fonds angesichts der schwierigen Geschichte zwischen der Institution und Argentinien zu zurückhaltend mit der Formulierung von Konditionen gewesen. Man hat aus Rücksicht auf den von Präsident Macri im Vorfeld der Wahlen von 2019 als gering erachteten parlamentarischen Spielraum und auf sein Interesse an der Wiederwahl zu viele eigentlich notwendige (Austeritäts-)Maßnahmen nicht in das Programm integriert. Die Hoffnung dabei war, dass nach einem Wahlsieg Macris diese beiden Einschränkungen wegfallen und die notwendigen Maßnahmen ab 2020 ergriffen werden könnten.

Zwar wurden im Programm selbst und in den vier Überprüfungen bestehende Risiken deutlich benannt. Es gab aber trotzdem keine Planungen für den Fall, dass Argentiniens Performance sich nachhaltig verschlechtern sollte. Vielmehr wurde auf eine fast gespenstische Art angenommen, dass die jeweils identifizierten Risiken schon nicht eintreten würden.

Der IWF räumt ein, dass er, als die Nichterreichung von Zielen immer sichtbarer wurde, entweder das Programmvolumen hätte ausweiten oder sein weiteres Engagement an eine Umschuldung hätte binden müssen. Zu keiner Zeit war das Programm trotz seiner enormen Größe so umfangreich, dass Argentinien nicht zusätzlich auf die Mittel vom Kapitalmarkt angewiesen war. Die Evaluierung behauptet, dass ein solches Insistieren „dem Programm den Stecker gezogen hätte“ (S. 19) – ohne zu begründen, warum eine Umschuldung von Verbindlichkeiten gegenüber weiteren Gläubigern das Programm gestoppt hätte. Stattdessen blieb der Erfolg des Programms davon abhängig, dass es Kapitalzuflüsse und entsprechende Wachstumsfortschritte auslösen würde (S. 32). Diese traten nicht ein.

Neben den falschen Erwartungen an die positiven Folgen des Programms räumt der IWF auch ein (S. 25), dass seine Informationen über Höhe und Fälligkeiten der argentinischen Verbindlichkeiten nicht vollständig waren, mithin zu optimistisch eingeschätzt wurden.

Der kategorische Ausschluss von Umschuldungen welcher Art auch immer (Reprofiling oder Restructuring unter Einschluss echter Erlasse, wie sie 2020 von der Regierung Fernández umgesetzt wurde), führte dazu, dass immer absurdere Ziele im Blick auf die fiskalische Konsolidierung gesetzt werden mussten – bis hin zu einem Gesamtvolumen von 13,1 Prozent für die angestrebte Schuldenquote von 53 Prozent bzw. 26,1 Prozent für die ursprüngliche Schuldenquote von 40 Prozent des BIP. Solche Konsolidierungen wurden nie erreicht (S. 35). Die aufrecht erhaltene Hoffnung auf ihre Erreichung führte allerdings zu der Einschätzung, dass eine Umschuldung unnötig sein würde, so dass Argentinien erneut die Erfahrung machte, dass die notwendige Umschuldung aufgeschoben und dadurch für alle Beteiligten teurer und schmerzhafter wurde, als wenn sie zeitig in Angriff genommen worden wäre (S. 35); ein Problem, auf das auch früher (2014 und 2020) vom IWF hingewiesen worden war (pt. 66).

Der IWF war nicht auf eine Situation vorbereitet, in der weitere offizielle Kreditgeber nicht mitziehen würden. Multilaterale und bilaterale Financiers blieben unter dem Programm zurückhaltend, sodass nur er selbst und im Inland durch die Regierung getätigte Kreditaufnahme als Finanzquellen zur Verfügung standen. Eigentlich ist der Zugang zu weiteren Finanzquellen eine von vier Bedingungen unter den Kriterien für Kreditzugang jenseits der normalen Quoten (Exceptional Access Criteria  – EAC-2) des IWF (S. 51). Unter der beständigen Drohung, dass das gesamte Programm nicht wie vorgesehen ablaufen könnte, interpretierte der IWF seine eigenen Regeln indes großzügiger als angemessen war.

Das Programm wurde auch nicht gestoppt, als der IWF die vor Wahlen üblichen Zusicherungen aller aussichtsreichen Kandidaten, das Programm fortführen zu wollen, nicht erhielt. Vielmehr kündigte der spätere Wahlsieger Alberto Fernández bereits vor der Wahl an, einzelne Aspekte neu verhandeln zu wollen. Trotzdem wurde das Programm fortgeführt (S. 58).

Im Einzelnen hat der IWF weitere Risiken erkannt, aber ignoriert:

  • Drei von vier EACs wurden nur als erfüllt betrachtet, weil der Stab Bewertungsspielräume ausnützte (Judgement), nachdem die Zugangskriterien selbst nicht erfüllt waren.
  • Das Office of Risk Management des IWF, welches in Exceptional Access Fällen eigentlich zwingend konsultiert werden muss, wurde in den Überprüfungsprozess überhaupt nicht einbezogen.
  • Die Diagnose einer Liquiditätskrise mag anfangs richtig gewesen sein, wurde im Laufe des Programms aber immer weniger haltbar (pt. 59). Das Internal Evaluation Office (IEO) des IWF hatte schon bezüglich der 2000er Krise diese Fehldiagnose moniert; trotzdem wurde der Fehler 2018 wiederholt (fn 55).
  • Überhaupt nicht berücksichtigt wurde, dass die schiere Größe des Programms einen solchen Berg neuer Schulden mit Senioritätsstatus schuf, dass private Geldgeber zwangsläufig fürchten mussten, im Krisenfall nicht mehr bedient zu werden; das Programm torpedierte die erhofften privaten Kapitalzuflüsse mithin selbst (S. 53).

Welche Fehler wurden von Seiten der Macri-Regierung gemacht?

Über die oben genannten Punkte, die weitgehend durch das Zusammenwirkung der damaligen Regierung mit dem IWF zustande kamen, sind zwei wichtige Fehler eindeutig der argentinischen Seite zuzuschreiben:

Der Macri-Regierung war es wichtig, unpopuläre und vor allem mit der peronistischen Vorgängerregierung von Cristina Fernández de Kirchner in Verbindung gebrachte Maßnahmen wie Kapitalverkehrskontrollen und eine Umschuldung auszuschließen. Obwohl es schon damals im Fonds Stimmen gab, die beides für notwendig und sinnvoll hielten.

Das Fehlen eines Plan B ist vor allem der Weigerung der Macri-Regierung geschuldet, ein mögliches Scheitern des Programms auch nur öffentlich zu diskutieren (S. 18)

Worüber spricht der Bericht nicht?

Die ausführliche Stellungnahme der argentinischen Regierung zu der Auswertung spricht über die bereits sehr starke Kritik am Programm im IWF-Dokument hinaus einige Punkte an, die mit (a) der politischen Konstellation während der Bewilligung des Programms und (b) mit strukturellen Schwächen in den Entscheidungsstrukturen des IWF zu tun haben. Die Regierung Fernández mahnt (GoA pt. 10) Reformen in den Strukturen des Fonds in solchen Punkten zurecht an.

Die oben gelisteten Fehleinschätzungen des selbstverständlich nicht betriebsblinden IWF-Stabes konnten nur deshalb getroffen werden, weil die Vorgabe des Programms darin bestand, die der Trump-Administration nahestehende Regierung Macri um jeden Preis im Amt zu halten. So wurden bestehende Zahlungsverpflichtungen übersehen, unrealistische Wachstumsaussichten akzeptiert und bereits früher vom IEO und anderen monierte Fehler wiederholt.

Soll der vorliegende Bericht nicht in gleicher Weise bedauernd in der Auswertung künftiger fehlgeschlagener Programme zitiert werden, sind die von der argentinischen Regierung geforderten Reformen unerlässlich:

  • Die Programmentscheidungen müssen entpolitisiert werden. Dass die Europäer mit ihrem Stimmanteil von mehr als 30 Prozent im Falle Griechenlands 2010/12 die Beteiligung des IWF durch eine Änderung der Kreditvergaberichtlinien durchsetzten, welche danach gleich wieder unauffällig einkassiert wurde, ist ebenso skandalös wie die hier zutage getretene Instrumentalisierung einer multilateralen Finanzinstitution für die geopolitischen und ideologischen Interessen des Sperrminoritätsinhabers USA.
  • Eine Schlüsselrolle muss dabei die künftige Zusammensetzung und Entscheidungsmacht des Vorstandes (Board) des IWF spielen. Der argentinische Exekutivdirektor (der nicht nur Argentinien, sondern mehrere lateinamerikanische Länder vertritt) hat in dem Prozess seine Haltung deutlich gemacht. Dass und mit welchen Begründungen sein Vorgänger absurde Entscheidungen, die auf Betreiben der USA oder Europas zustande kamen, durchgewinkt hat, wird im vorliegenden Bericht nicht diskutiert. Genau das wäre angesichts der klaren technischen Analyse des IWF-Stabes nun dringend geboten.

Nachbemerkung: Wer jetzt seine Hausaufgaben macht – und wer nicht

Am 11. Februar 2021 beschloss das argentinische Parlament das „Schuldentragfähigkeitsgesetz“ (Ley de Fortalecimiento de la Deuda Pública), welches Kreditaufnahmen durch die Regierung künftig an parlamentarische Zustimmung im Einzelfall bindet. Es ist für eine Regierung sehr ungewöhnlich, dass sie sich selbst bislang nicht bestehende Fesseln in Sachen Kreditaufnahme anlegt. Es signalisiert insofern einen Bruch mit der weit verbreiteten Kultur der politisch motivierten Hinterzimmerdeals zwischen einer Regierung und Institutionen wie dem IWF, der chinesischen Regierung oder auch privaten Kreditgebern, indem es einen breiteren gesellschaftlichen Konsens zur Voraussetzung einer weiter gehenden Verschuldung des Staates macht.

Während die argentinische Regierung in dieser Weise versucht, nach der schmerzhaften und skandalträchtigen Verschuldungsgeschichte des Landes ihre Hausaufgaben zu machen, ist Gleiches auf Seiten des IWF trotz des vernichtenden Urteils über das eigene Programm noch nicht in Sicht. Im Gegenteil: Selbst das dringend notwendige Zeichen, die eigenen Forderungen aus dem gescheiterten Programm wie von Finanzminister Guzmán gefordert, umzustrukturieren, trifft abgesehen von persönlichen Sympathiebekundungen der IWF-Direktorin bislang auf überhaupt noch keine positive Resonanz aus Washington. Dabei wäre, die Kreditnehmer nicht länger für die selbst erkannten haarsträubenden Fehler der Institution bezahlen zu lassen, ein wichtiger erster Schritt in Richtung auf einen verantwortungsbewussteren Internationalen Währungsfonds.

Weitere Informationen:

Bei Schuldenerlassen gewinnen alle – sogar die Gläubiger

Eine bemerkenswerte empirische Studie von Autoren des Internationalen Währungsfonds und der Europäischen Zentralbank räumt mit der populären, aber falschen Annahme auf, dass bei Schuldenerlassen der Schuldner gewinnt und der Gläubiger verliert. In Bond returns in sovereign debt crisis: The investor’s perspective zeigen Jochen Andritzky und Julian Schumacher, dass in Krisensituationen die Einnahmen der Investoren über die gesamte Laufzeit ihres Kredits höher sind, wenn der Schuldner die Gläubiger zwingt, auf einen Teil zu verzichten, als in Fällen, in denen er versucht, weiterzuzahlen.

Zunächst die Empirie:

Abb. 1: Kumulierte Erträge nach Art der Krisenbewältigung
Quelle: Andritzky,J. and J.Schumacher (2019): Long-Term Returns in Distressed Sovereign Bond Markets. How Did Investors Fare? IMF Working Paper No. 19/13