Afrikanische Finanzministerien diskutieren mit erlassjahr.de über Schulden

Avatar photo Kristina Rehbein, erlassjahr.de
16. Juli 2016

Gelegenheiten wie UNCTAD14 nutzt man in der Regel dazu, um drum herum alle möglichen anderen Treffen und Veranstaltungen zu organisieren. Schliesslich ist die Chance hoch, dass Mitstreiter/innen und vor allem Zielgruppen für die eigenen Anliegen für solche Happenings vor Ort sind. Tatsächlich haben wir bereits im letzten Jahr ganz unabhängig von UNCTAD14 zusammen mit dem Kenia-Büro der Friedrich-Ebert-Stiftung begonnen, über Möglichkeiten von regionalen Schuldenveranstaltungen in Subsahara-Afrika nachzudenken. Im Juli 2015 hatten wir zusammen mit dem kenianischen Entschuldungsnetzwerk KENDREN eine aufwendige Konsultation für die Zivilgesellschaft und Regierung nur aus Kenia organisiert, zu der letzten Endes trotz Anmeldungen nicht viele Leute erschienen sind. Afrikanische Kollegen waren sich sicher: in Afrika herrscht noch immer ein HIPC-Hangover. Über die Gefahr möglicher Schuldenkrisen sprach man dort deswegen nicht.

Subsahara-Afrika zählt jedoch zu den Regionen, die mit am stärksten von den Entwicklungen betroffen ist, die die nächste Schuldenkrise begründen. Es war also wichtig, Schulden zum Thema zu machen, aber wie? Wir holten verschiedene afrikanische Partner ins Boot, u. a. das Macroeconomic and Financial Management Institute for Eastern and Southern Africa (MEFMI), ein Beratungsinstitut, das afrikanische Regierungen im Schuldenmanagement berät und das ein wertvoller Partner im Outreach zu den Finanzministerien in Afrika gewesen ist. Außerdem kam UNCTAD mit an Bord. Wir haben dann in einem aufwendigen Prozess die Finanzministerien von insgesamt sieben Ländern aus dem südlichen Afrika zu einem Experten-Roundtable eingeladen, mit Erfolg: Am gestrigen Freitag kamen teilweise wirklich hochrangige Mitarbeiter/innen aus den relevanten Abteilungen ihrer Finanzministerien zu uns nach Nairobi. Vertreten waren Delegierte aus Malawi, Südafrika, Mosambik, Tansania, Sambia und Kenia. In all diesen Ländern hat sich seit dem letzten Jahr eine Menge getan, manche sind sogar bereits am Rande einer Krise. Vom HIPC-Hangover gab es keine Spur mehr. Nur Ghana, das siebte Land im Bunde, hat nicht auf unsere Anfrage reagiert.

20160715_095746-1Ziele der Veranstaltung waren, mit den Delegierten in einen Dialog über Schuldentragfähigkeitsrisiken zu gehen, sowie ein Bewusstsein dafür zu geben, dass Staaten pleite gehen können und für solche Situationen bereits alternative Lösungsvorschläge diskutiert werden. Auch wollten wir auf Alternativen zum IWF aufmerksam machen, z. B. für unabhängige Tragfähigkeitsanalysen. Die Ziele haben wir definitiv erreicht, auch durch die Anwesenheit von UNCTAD. Die Debatten waren sehr engagiert, teilweise kontrovers, und unsere vorsichtig angesetzten vier Stunden wurden deutlich überzogen. Vermutlich hätten wir locker noch einen weiteren Tag dranhängen können.

Für diejenigen von uns aus Europa war es natürlich auch sehr wertvoll zu erfahren, wie Expert/innen in den Ländern ihre Situation einschätzen. Logischerweise war den meisten die Prävention von Krisen ein Anliegen und viel Unsicherheit gab es dazu, wie sich ein immer kostspieligeres Schuldenportfolio verwalten lässt, das sich logischerweise ergibt, wenn sich der Einkommensstatus eines Landes verbessert. Es wurde viel Selbstkritik dazu geäußert, dass in den Ländern Kredite oft ohne Blick auf produktive Investitionen und notwendige Erträge aufgenommen und dass technische Experten bei der Kreditaufnahme oft nicht um Rat gefragt oder informiert werden, außerdem dafür, dass die Umsetzung von verabschiedeten Haushaltsgesetzen nicht gut funktioniert. Auch seien Verträge rund um Megaprojekte im Infrastrukturbereich und in der Ressourcenausbeutung oft nicht im besten Interesse des Landes und des öffentlichen Haushaltes abgeschlossen. Die Anwesenden wünschten sich mehr Druck durch besser informierte Wähler, damit Kredite besser verwendet und Haushaltsdisziplin ernster genommen wird. Auf Interesse stieß auch ein Vorschlag für regionale Zusammenschlüsse, um individuellen Ländern, die ihre Schulden verhandeln müssen, eine stärkere Stimme zu geben und um die Stimme der Länder in der Region in Reformprozessen zu stärken.

Alle Organisatoren waren sehr glücklich mit dem Verlauf und sowohl UNCTAD als auch Mitstreiter/innen vom South Centre, die dabei waren, hatten einen sehr guten Eindruck von den Diskussionen. Ich glaube, dass wir mit dem Roundtable Impulse setzen konnten und ich hoffe, dass sich die Delegierten bei einer kommenden Krise an diese erinnern. Auch hoffe ich, dass die zivilgesellschaftlichen Netzwerke aus der Region, die anwesend waren, Anregungen aufgreifen und weiter am Ball bleiben.

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