Filmtipp: Let`s make money

Seit Donnerstag ist im Kino der Dokumentarfilm ‚Let`s make money’ des österreichischen Filmemachers Erwin Wagenhofer zu sehen. Wie schon in seinem letzten Film ‚Feed the world’ lässt er dabei unkommentiert Geschäftemacher und Betroffene zu Wort kommen: dieses Mal geht es dabei um wirtschaftliche Zusammenhänge und Finanzflüsse. Ein großes Thema ist dabei auch die Verschuldung der ärmsten Länder bei den Industrienationen und die Machenschaften der Weltbank. Er zeigt auf wie die Regularien der Weltbank die Entwicklung ärmster Länder, wie z.B. Burkina Faso, verhindern. Und er macht deutlich warum immer nur die gleiche, kleine Elite von den Erträgen der Weltwirtschaft profitiert während ein Großteil der Weltbevölkerung ums Überleben kämpft. Ein aufweckender Film, der leider im zweiten Teil seine Längen hat und bestimmte Wirtschaftszusammenhänge sehr verkürzt darstellt. Dennoch lohnt sich der Kinobesuch. Der Trailer des Films ist hier zu sehen:

Wer weitere Informationen zum Thema Verschuldung der ärmsten Länder der Welt sucht, findet diese auf der erlassjahr.de-Seite. Und wer sich Dank des Filmes engagieren möchte, findet hier Hinweise zum Mitmachen bei erlassjahr.de. Einen Antrag zur Einzelunterstützung des Bündnisses findet sich hier.

Wirklichkeit der Entwicklungshilfe

Die Welthungerhilfe und terre des hommes Deutschland haben gestern den 16. Bericht zur Wirklichkeit der Entwicklungshilfe in Berlin vorgestellt. Sie kritisieren darin den Rückgang der öffentlichen Entwicklungshilfe der Industriestaaten von 104,4 Milliarden US-Dollar im Jahr 2006 auf 103,7 Milliarden US-Dollar (2007). Damit verletze die Gebergemeinschaft ihre im Rahmen der EU und auf G8-Gipfeltreffen getroffenen Selbstverpflichtungen, erklärten die beiden Nichtregierungsorganisationen. Sie befürchten weitere Einschränkungen durch die aktuelle Finanzkrise. Eine Einschätzung, die erlassjahr.de in seinem neuesten Fachinfo zur Auswirkung der Finanzkrise auf die Entwicklungsländer teilt.

Konkret kritisiert der Bericht, daß real nur ein Fünftel der deutschen Entwicklungshilfe in die Länder, die die Hilfe benötigen, fließt: Ein großer Teil wird unter dem Posten Verwaltungskosten verbucht. Zudem werden die Kosten, die für die Aufnahme ausländischer Studenten in Deutschland anfallen, als Entwicklungshilfe verbucht. Und ein weiteres alt bekanntes Hauptproblem: auch Schuldenerlasse für arme Länder werden weiterhin als Entwicklungshilfe berechnet. Dieser Posten lag im Jahr 2007 bei immer noch 23%!

erlassjahr.de fordert vor diesem Hintergrund noch einmal die Bundesregierung dazu auf, Schuldenerlasse nicht in die offizielle Entwicklungshilfe einzuberechnen. Die Anrechnung der Schuldenerlasse ist schließlich keine echte Entwicklungshilfe, denn es fließen keine zusätzlichen Gelder, z.B. zur Armutsbekämpfung, in die verschuldeten Länder. Zugleich sollten die Industrienationen vor dem Hintergrund der Finanzkrise ihre Anstrengungen im Bereich der Entwicklungshilfe für die kommenden Jahre erhöhen, ansonsten sind die Millennium Entwicklungsziele nicht zu erreichen. Dabei zählt vor allem der politische Wille. Schließlich ist es dem deutschen Bundestag ja auch gelungen innerhalb einer Woche ein 500-Milliarden-Rettungspaket für die angeschlagenen Banken durch die Ausschüsse zu bringen. Für die ärmsten Menschen der Welt sollte dies auch möglich sein – wenn man denn wirklich will.

Europaparlament fordert Einsatz für ein Internationales Insolvenzverfahren

Mit großer Mehrheit nahm das Europaparlament den Bericht des Entwicklungsausschusses über die Folgemassnahmen der Konferenz von Monterrey (2002) an. Der Bericht enthält zahlreiche Empfehlungen hinsichtlich der europäischen Haltung zu den verschiedenen Themen der Doha-Konferenz. Unter anderem (pt. 23) dringt das EP darauf, dass die EU auf die Schaffung “eines Internationalen Insolvenzverfahrens oder fairem und transparentem Schlichtungsverfahren” hinwirkt. Diese klare Haltung des EP steht bislang in deutlichem Gegensatz zu der Haltung der EU-Delegation im New Yorker Abstimmungsprozess. Diese befürwortet die Streichung des mit der EP-Empfehlung nahezu wortgleichen § 46. (Wieder mal) schade, dass es mit der Demokratie in Europa (noch) nicht so weit her ist.

Umso wichtiger ist die deutsche Regierung von der Notwendigkeit des Internationalen Insolvenzverfahrens zu überzeugen. Verschicken Sie deshalb jetzt gleich eine unserer Aktionspostkarten!

attac ruft zur Demo vor Finanzministerium auf

Unsere Kollegen von attac rufen aus Anlaß des Weltspartages, am Donnerstag den 30. Oktober, zu einer Demonstration vor dem Finanzministerium in Berlin auf. Die Demo wird unter dem Motto “Nicht auf unsere Kosten – Die Profiteure sollen zahlen!” stattfinden. Im Aufruf zur Demo heißt es: “Überall werfen derzeit die Regierungen das Geld der Steuerzahler den Banken in den Rachen, um den Kollaps des Bankensystems abzuwenden. Wir werden nicht akzeptieren, dass die Rettungsaktionen nun zu Lasten der sozial Benachteiligten oder der sozialen Infrastruktur gehen. Die Verursacher müssen zahlen.

Datum/Uhrzeit: 30 Oktober, 17:00 bis 20:00 Uhr
Ort: Bundesfinanzministerium, Berlin, Wilhelmstr. 97, U-Bahn Stadtmitte oder Potsdamer Platz.

Finanzkrise und Entwicklungsländer: eine Analyse

Die derzeitige globale Finanzkrise hat auch Auswirkungen auf die Entwicklungs- und Schwellenländer. erlassjahr.de hat vor diesem Hintergrund ein neues Fachinfo publiziert, welches unter dem Titel ‘Die Finanzkrise in ihrer Bedeutung für verschuldete Entwicklungs- und Schwellenländer’ die Auswirkungen analysiert. Dabei werden aktuelle Risiken und Chancen beleuchtet und mögliche Folgen skizziert. Sie können das Fachinfo Nr. 19 hier herunterladen.

Kredithai wieder bissfest

In unregelmäßigen Abständen vergibt erlassjahr.de den “Hai des Jahres” an Gläubiger, die auf besonders unfaire Weise ihre Geschäfte mit Entwicklungsländern auf dem Rücken der Ärmsten austragen. So haben z.B. die WestLB, deutsche Finanzspekulanten oder die Weltbank bereits den “Hai des Jahres” verliehen bekommen. Kürzlich aber kam der erlassjahr.de Hai selbst ins Schwimmen – ein Wasserschaden in seinem heimatlichen Keller zwang ihn zu einem unfreiwilligen Wasserbad. Das sorgte für einen arg blassen Teint und eine deutlich angestossene Schnauze. Unsere derzeitige Praktikantin Martina Peters hat dem Hai aber nun ein anständiges Lifting verpasst – und nun ist der Hai wieder bissfest!

Wann der Hai das nächste Mal verliehen wird, steht noch nicht fest. Wer einen Vorschlag für einen Empfänger hat – oder von besonders unfairen Geschäftspraktiken Wind bekommen hat, kann dies gerne jederzeit an das erlassjahr.de Büro weitergeben. Fotos von der Hai-Verleihung an die Weltbank gibt es hier.

Europäisches Parlament bezieht deutliche Position zur Doha-Konferenz

Das europäische Parlament hat eine deutliche Position in Hinblick auf die Doha-Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung Anfang Dezember bezogen. Unsere Kollegen von eurodad haben den Bericht analysiert:

Am 23. September hat das Europäische Parlament einen Bericht über ein Follow-up der Konferenz von Monterrey über Entwicklungsfinanzierung verabschiedet. Dieser Bericht ist eine Empfehlung an die EU-Mitgliedstaaten, der einen Vorschlag für eine gemeinsame EU-Position für die Entwicklungsfinanzierungskonferenz in Doha in zwei Monaten abgibt. Eurodad und vielen anderen europäische NGOs bedauern das Fehlen von Verpflichtungen der EU-Mitgliedstaaten in Bezug auf den Schuldendienst, sehen aber den Bericht des Europäischen Parlaments als einen ermutigenden Schritt in Richtung zu ehrgeizigeren Verpflichtungen in Hinblick auf finanzielle Unterstützung, Schulden, Kapitalflucht und andere Fragen.

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Barack Obama und illegitime Schulden

Der demokratische US-Präsidentschaftskandidat Barack Obama will im Falle seiner Präsidentschaft dem Thema illegitime Schulden eine hohe Gewichtung einräumen. In seinem Strategiepapier zur „Förderung der globalen Entwicklung und der Demokratie“ legt er sich deutlich fest: „Als Präsident wird Barack Obama das Thema „odious debts“ (verabscheuungswürdige Schulden) multilateral angehen und Untersuchungen vorantreiben, wie durch Kreditsanktionen (loan sanctions) Anreize geschaffen werden können, die private Kreditgeber davon abhalten, repressiven und autoritären Regimen Geld zu leihen.“

erlassjahr.de hat das Strategiepapier von Obama ausführlich analysiert und als Fachinfo Nr. 18 publiziert. Es kann auf unserer Homepage heruntergeladen werden.

Ecuador-Tagebuch: Über die Kommission hinaus

Ecuador hat nicht nur mit Illegitimen Schulden ein Problem. Die neue Finanzministerin Wilma Salgado sieht auch Handlungsbedarf im Blick auch die mittelfristige Schuldentragfähigkeit eines Landes, das in hohem Masse vom Ölexport abhängig, großen Umweltrisiken ausgesetzt ist und dessen politisches System sich im Moment in einer Umbruchsphase befindet. Kurzfristiger Handlungsbedarf besteht, um sichtbar zu machen, dass die Regierung Correa bei allen internen Schwierigkeiten gegenüber den ausländischen Gläubigern etwas bewegen kann – auch, wenn manche aufgeregte Ankündigungen aus dem Bereich der Regierung hinsichtlich der Nichtzahlung aller Schulden sicher nicht umgesetzt werden.

Konkrete Schritte der Umwandlung von Zahlungen an die Gläubiger in Investitionen in die Entwicklung des Landes können in dieser Situation einen hohen politischen Wert haben. In diesem Zusammenhang haben wir über das Debt2Health Programm des Global Fund gesprochen, an dem erlassjahr sich beteiligt. Aber auch die mittelfristige Schuldentragfähigkeit soll in den Blick genommen werden, und das vor zwei Jahren mal zwischen uns und dem BMZ vereinbarte Projekt einer unabhängigen Schuldentragfähigkeitsanalyse könnte in Ecuador eine viel versprechende Neuauflage erleben.

Wer mehr über die erstaunlichen Entwicklungen in Ecuador und die Chancen für eine weiter gehende Entschuldung des Landes wissen möchte, ist herzlich zum nächsten Treffen der Ecuador-AG von erlassjahr.de eingeladen. Ich berichte über Politik, Entschuldung, NRO-Hickhack und die Schönheit der Thermen von Papallacta am Freitag, dem 25.7. ab 11 Uhr bei SÜDWIND in Siegburg, Lindenstrasse 58-60. Nähere Infos bei Irene Knoke: 02242-259547.

Ecuador Tagebuch: Die Schulden überprüfen – oder das System?

Mittwoch morgen gab es das letzte Plenum der Kommission während  meines Aufenthaltes, und es war geprägt von Diskussionen, die wir eigentlich am Anfang des ganzen Prozesses hätten führen müssen: Konkretisiert in vielen Detailfragen: stellen wir die Schulden auf den Prüfstand oder das System der Verschuldung. Die Mehrheit der Kommission tendiert zu Letzterem, und entsprechend sehen auch die Zwischenberichte der jeweiligen Unterkommissionen aus: Ein ziemlich kurzer Weg von mehr oder weniger überzeugenden Hinweisen auf Gläubiger-Fehlverhalten zu der Schlussfolgerung, das Land sei in den achtziger  und neunziger Jahren Opfer einer gigantischen Verschwörung geworden, bei der Privatbanken, IWF, Weltbank, Regierungen, Pariser Club es konspirativ und heimtückisch in die Verschuldung trieben. Unserem Rechtsberater, dem argentinischen Anwalt Alejandro Olmos – selbst kein Kind von Traurigkeit, was forsche Schlussfolgerungen angeht – sträuben sich angesichts dieses Umgangs mit Rechtsfiguren die Haare. Die Lösung am Ende des Plenums war ziemlich ecuadorianisch: Wir sollten mal einen Workshop organisieren, in dem wir all das ausdiskutieren koennen. Leider bleiben uns nur noch 14 Tagen, bis wir die ersten Teilberichte abliefern müssen. Also findet der Workshop Anfang September unmittelbar  vor der Abgabe des kompletten Schlussberichts statt. Das könnte ein bisschen spät sein für doch recht grundsätzliche Fragen.

Sehr schön und produktiv waren die zwei Tage in der Unterkommission in Cuenca. Das ist die drittgrößte Stadt des Landes – im Vergleich zu Quito ein Dorf, aber eines mit ebenso viel Kultur wie die Hauptstadt, denn Cuenca beherbergt zwei der renomiertesten Universitäten des Landes. Nicht nur durch das wunderbare Ambiente dort, sondern auch, weil wir in der Unterkommission, die sich mit den bilateralen Schulden befasst, sehr konzentriert und frei von solchen Fundi-Realo-Konflikten arbeiten konnten, waren die beiden Tage ein Vergnügen.

Dass die Auditoria-Kommission sogar ein Karriere-Sprungbrett sein kann, erlebte jüngst das dritte Mitglied unserer Subcomission: Die Hochschuldezentin Karina Saenz wurde von Präsident Correa zu einem der fünf Mitglieder des Zentralbankrats ernannt. Für eine junge Frau von Ende zwanzig ein beachtlicher Schritt, und wahrscheinlich nicht der letzte. Wir spekulieren schon, was und wer in Ecuador eigentlich nach Rafael Correa kommt… Immerhin hat das für uns den erheblichen Vorteil, dass wir uns zwischen Finanzministerium und Zentralbank im gekühlten Geländewagen bewegen können.