Bhutan

Hat Bhutan ein Schuldenproblem?

Bhutans ist von einem einzigen Außenhandelspartner und ausländischem Investor stark abhängig. Das Überschuldungsrisiko erscheint deshalb hoch.

Die wichtigsten Schuldenindikatoren (Stand 2021)

IndikatorAusprägungGrenzwert
Auslandsverschuldung im Verhältnis zum Bruttonationaleinkommen (%)125,340
Auslandsverschuldung im Verhältnis zu den jährlichen Exporteinnahmen (%)401,9150
Jährlicher Schuldendienst im Verhältnis zu den jährlichen Exporteinnahmen (%)15,515
Öffentliche Verschuldung im Verhältnis zum BIP (%)132,450
Öffentliche Verschuldung im Verhältnis zu den öffentlichen Einnahmen (%)399,4200
Auslandsschuldenstand (US-Dollar)3,069 Mrd.
Schuldendienst: Zinsen und Tilgungen an ausländische Gläubiger (US-Dollar)118,4 Mio.

Erklärung zu den Indikatoren und Grenzwerten

Wer sind die Gläubiger von Bhutan?

Erklärung der Schuldenkategorien

Die gesamten Auslandsschulden eines Landes setzen sich aus den Schulden des öffentlichen Sektors und denen des Privatsektors zusammen. Im Diagramm sind öffentliche Schulden mit Vollfarben und private Auslandsschulden schraffiert dargestellt.

Bei den öffentlichen Schulden werden drei Gläubigergruppen unterschieden, nämlich multilaterale öffentliche Gläubiger – das sind vor allem Entwicklungsbanken und der IWF -, bilaterale öffentliche Gläubiger – das sind andere Regierungen – und private Gläubiger.

Bei den beiden öffentlichen Gläubigerkategorien unterscheiden wir zudem nach konzessionären, also zinsgünstigen Krediten zu Entwicklungshilfebedingungen, und Krediten zu Marktbedingungen („nicht-konzessionäre“).

Bei den öffentlichen Schulden bei privaten Gläubigern unterscheiden wir die beiden Hauptinstrumente, nämlich Bankkredite und Anleihen. Diese beiden Instrumente unterscheiden wir auch bei den Auslandsschulden des Privatsektors.

Bis auf einen kleinen Betrag, den private bhutanische Unternehmen ausländischen Banken schulden, gehen alle bhutanischen Auslandsschulden zu Lasten des Staates. Für ein Niedrigeinkommensland ist Bhutans Gläubigerprofil sehr ungewöhnlich: Während unter den multilateralen Gläubiger, wie zu erwarten, die zinsgünstigen (konzessionären) Schulden überwiegen, spielen diese bei den bilateralen Gläubigern nur eine marginale Rolle. Vielmehr beruht der größte Teil der Forderungen dieser wichtigsten Gläubigergruppe auf Finanzierungen zu Marktbedingungen.

Mit Abstand wichtigster Gläubiger ist die indische Regierung, die zu kommerziellen Bedingungen ein großes Wasserkraftprojekt finanziert hat. Japan und Österreich sind Geber in weit bescheidenerem Umfang – dafür zu konzessionären Bedingungen.

Aus Österreich kommen auch die einzigen nach Herkunftsland identifizierten privaten Banken mit Forderungen an Bhutan.

Deutschland hält ebenso keine Forderungen an Bhutan wie China.

Unter den multilateralen Gläubigern teilen sich vor allem die Asiatische Entwicklungsbank und die Internationale Entwicklungsorganisation, eine Unterorganisation der Weltbank-Gruppe, die Forderungen in beiden Kategorien (konzessionär und nicht-konzessionär); kleinere Finanzierungen gibt es noch vom – International Fund for Agricultural Development (IFAD) des Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen und dem Südasiatischen Entwicklungsfonds, einer gemeinsamen Institution von acht südasiatischen Ländern mit Sitz in Bhutan.

Trend

Bhutans absolute Schulden wuchsen rasant – von 2011 bis 2020 auf das Dreifache des Ausgangswertes. Im Coronajahr 2021 stieg die Verschuldung dann aber zunächst nicht weiter. Der auf die Auslandsschulden gezahlte Schuldendienst dagegen verhält sich gegenläufig: Er nahm bis 2020 langsam kontinuierlich ab, um sich dann 2021 gegenüber dem Vorjahr wieder zu verdoppeln. Das ist auf einen Anstieg der Fälligkeiten gegenüber Indien von 9 Millionen US-Dollar auf 71 Millionen US-Dollar zurückzuführen.

Bisherige Schuldenerleichterungen für Bhutan

Bhutan hat bisher weder gegenüber öffentlichen noch gegenüber bilateralen Gläubigern seine Schulden restrukturiert. Für die multilaterale Entschuldungsinitiative für hoch veschuldete arme Staaten (Heavily Indebted Poor Countries, HIPC) wurde das Land untersucht, hat auf eine Beteiligung an der Initiative aber verzichtet. Auch für Moratoriumsinitiative der G20 zur Unterstützung des Kampfes gegen Covid-19 (Debt Service Suspension Initiative, DSSI) war Bhutan qualifiziert, hat das Angebot eines Schuldendienstmoratoriums für die Jahre 2020 und 2021 jedoch ausgeschlagen.

Aktuelle Risiken für die Schuldentragfähigkeit

Als letzter der fünf Indikatoren in der Analyse von erlassjahr.de hat auch das Verhältnis von laufendem Schuldendienst zu den jährlichen Exporteinnahmen die unterste kritische Marke überschritten. Die vier anderen liegen bereits länger und deutlich darüber.

Trotzdem geht der Internationale Währungsfonds (IWF) nur von einem „mittleren“ Überschuldungsrisiko aus, das heißt unter dem vom IWF erwarteten Basisszenario werden im Vorhersagezeittraum keine Grenzwerte dauerhaft überschritten – in mindestens einem der routinemäßig durchgerechneten Krisenszenarien indes schon. Dabei baut der IWF vor allem darauf, dass die Investitionen in den Ausbau der Wasserkraft sich durch den Stromverkauf selbst refinanzieren. Allerdings würden Abweichungen von den im Basisszenario getätigten optimistischen Annahmen zur Zahlungsunfähigkeit führen. Risiken stammen vor allem aus der großen Abhängigkeit von Indien (Aufwertung der Rupie, eventuelle Verlangsamung des Wachstums dort) sowie aus der Fokussierung auf den weiteren Ausbau der Wasserkraft.

Politische Empfehlungen

Wegen der großen Abhängigkeit von wenigen großen Gebern (indische Regierung, Asiatische Entwicklungsbank und Weltbank), sollte die Regierung von Bhutan baldmöglichst eine vom Gläubiger Weltbank unabhängige Schuldentragfähigkeitsanalyse und Risikoeinschätzung in Auftrag geben. Auf dieser Grundlage sollte mit den drei wichtigsten Gläubigern die Option einer zwischenzeitlichen Einstellung des Schuldendienstes für den Krisenfall vereinbart werden, um Spielraum für eine Schuldenrestrukturierung zu schaffen.

Stand: Februar 2023

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