Das Thema "Illegitime Schulden" kommt in der Weltbank an – und wir auch

Avatar photo Jürgen Kaiser, erlassjahr.de
15. April 2008

Roundtable zum Thema Illegitime Schulden in der Weltbank

Daran hatten wir lange gearbeitet, dass die Weltbank als ungeliebter aber zentraler Akteur des Internationalen Finanzsystems sich an dem Thema “Illegitime Schulden” nicht länger würde vorbei mogeln können. Am Montag, dem 14.4. war es soweit: Etwa fünfzig Bankmitarbeiter, Regierungsvertreter, Entschuldungscampaigner/innen und Rechtsexpert/innen trafen sich in der Weltbank zum Runden Tisch.

Die erste Enttäuschung war der Tisch: es gab keinen, weder einen runden noch einen eckigen. Vielmehr trafen wir uns in einer Art Auditorium, wo von einem Referenten-Tisch aus das Wort an ein Publikum zu richten war, welches seinerseits in Bürostühlen mit hohen Lehnen und deshalb überhaupt nur teilweise sichtbar, um das Podium herum sass. Nicht gerade das, was wir uns unter einem Dialog auf Augenhöhe vorgestellt hatten.

Positiv dagegen war, dass die Weltbanker nicht versuchten, die Existenz von so etwas wie fragwürdigen Schulden zu bestreiten. Die Arbeit der vergangenen Jahre – bei uns, vor allem aber in Norwegen, dessen Regierung den gesamten Prozess auf den Weg gebracht hatte – zahlte sich an dieser Stelle aus.

Unter den Vertreter/innen der weltweiten Entschuldungsbewegung hatten wir uns tags zuvor getroffen, und unter recht divergierenden Meinungen eine einigermassen klare Linie abgesprochen, die dann mehr oder weniger kohärent von “unseren” Redner/innen auf den drei Podien vertreten wurde.

Im Ergebnis versuchten die Mitarbeiter der Bank sich – wie wir das schon verschiedentlich erlebet hatten – auf die Leitungskompetenz der Exekutivdirektoren zu berufen, die namens der Bank-Mitglieder die Politik der Institution bestimmen. Man merkte, dass Ihnen daran lag, das es nach Möglichkeit überhaupt kein greifbares Ergebnis des Roundtable geben sollte. Erfreulich positiv war dagegen die Haltung der anwesenden Regierungsvertreter, die – teilweise auf der Basis schon bestehender Absprachen mit uns und unseren Kolleg/innen – darauf beharrten, dass es nächste Schritte im Dialogprozess geben müssen. Themen dabei waren die Arbeit an konkreten zweifelhaften Forderungen, z.B. der Bank selbst, aber auch die Definition illegitimer Schulden. An diesem letzteren Punkt schlug auf unserer Seite die Stunde der “Ius Cogens” Theoretiker, die sich zugunsten einer Berufung auf die “zwingenden Normen des Völkerrechts” von der klassischen Doktrin Verabscheuungswürdiger Schulden (wie sie z.B. im Zentrum unseres Handbuchs Illegitime Schulden steht), lösen wollen.

Es wird im Laufe dieses Jahres eine Reihe weiterer Treffen zwischen Regierungen, Kirchen, Internationalen Finanzinstitutionen und Entschuldungsbewegungen geben. Wenn man den Mantel der Geschichte ein kleines bisschen bemüht, kann man sagen, dass die Frage nach der “Qualität” von Schulden bzw. Forderungen des Nordens in diesem Monaten den Punkt erreicht, an dem die Debatte um die Schuldentragfähigkeit vor 12 Jahren gewesen ist: Damals wurde an etwa gleicher Stelle angesichts der absehbaren Untragbarkeit der Schulden der ärmsten Länder von den Gläubigern die erste HIPC-Initiative aus der Taufe gehoben.

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