Rückblick: Debt20: Entwicklung braucht Entschuldung – jetzt!

Alle relevanten Institutionen vom Internationalen Währungsfonds bis zu den wichtigsten weltwirtschaftlichen Denkfabriken warnen vor sich aufbauenden neuen Staatschuldenkrisen in Asien, Afrika, Lateinamerika sowie der europäischen Peripherie. Manche Länder sind bereits in einer Schuldenkrise.

Die achtziger Jahre waren ein verlorenes Entwicklungsjahrzehnt für viele Staaten im Globalen Süden, weil die Schuldenkrisen verschleppt wurden und bis zur Lösung viele Jahre vergingen. Es besteht eine große Gefahr, dass sich die verlorenen Entwicklungsjahrzehnte wiederholen und weiterhin Menschen aus Armut gezwungen sind ihr Land zu verlassen. Denn es gibt nach wie vor kein geordnetes Entschuldungsverfahren, um neue Schuldenkrisen zu bewältigen.

Im Juli 2017 trifft sich die Gruppe der 20 wirtschaftsstärksten Nationen der Welt (G20) in Deutschland, um über die Weltwirtschaft und globale Finanzstabilität zu diskutieren. Das Treffen ist eine große Chance, um die Bedingungen für faire Entschuldung zu schaffen.

Das wollen wir jedoch nicht dem Zufall überlassen! Wir fordern daher mit der Kampagne „Debt20: Entwicklung braucht Entschuldung – jetzt!“ die Bundesregierung auf, die Gefahr der neuen Schuldenkrisen im Globalen Süden wahrzunehmen und die Schaffung eines fairen Verfahrens zur Lösung von Schuldenkrisen auf den Weg zu bringen.

erlassjahr.de hat beim Finanzministertreffen in Baden-Baden und beim Gipfel in Hamburg den Stimmen der Debt20 Gehört verschafft.

Die Stimmen der Debt20

Die Entscheidungen, die die G20 zu Regeln der Weltwirtschaft und speziell Entschuldung miteinander treffen, beeinflussen auch die Lebensbedingungen von Menschen weltweit, deren Heimatländer keine Mitglieder der G20 sind. Daher möchten wir den Stimmen der Betroffenen Gehör bei den G20 und in der Öffentlichkeit verschaffen. Denn gerade sie haben etwas zu Auswirkungen, Hintergründen und Lösungen von Schuldenkrisen zu sagen!

Wer sind die Debt20?

Die Debt20 repräsentieren ein breites Spektrum von Betroffenen aus kritisch verschuldeten Ländern: Regierungsmitglieder, Akademikerinnen und Akademiker, Bischöfe, Basisaktivistinnen und -aktivisten und Vertreterinnen und Vertreter von Entschuldungsinitiativen und anderen Nichtregierungsorganisationen. Sie kommen aus Ländern mit besonders kritischer Schuldensituation, die sich gerade erst auf eine Krise zubewegen, oder die eine so dramatische oder besondere Schuldengesichte aufzuweisen haben, dass ihre Erfahrungen nicht in Vergessenheit geraten sollten. Sie sprechen aus der Situation heraus die sie durchleben oder durchlitten haben, weshalb ihre Fragen, Beschwerden und Anklagen von den Regierungen der reichen Länder endlich gehört werden müssen.

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Auch der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm, und der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Kardinal Marx, unterstützen die Kampagne und fordern in einem gemeinsamen Geleitwort: “Lassen Sie uns solidarisch an der Seite der Menschen im Globalen Süden stehen und ihren Ruf nach globaler Gerechtigkeit verstärken!”

Die Forderung

erlassjahr.de fordert, dass die G20 die Stimmen der Betroffenen nicht weiter ignorieren! In ihren Gipfel-Beschlüssen sollen sie die sich aufbauenden neuen Schuldenkrisen im Globalen Süden als eine Gefahr für das Erreichen der vereinbarten globalen Entwicklungsziele anerkennen. Bislang haben es die G20 gekonnt vermieden, über Lösungen für Staatsschuldenkrisen zu sprechen. Doch die chinesische G20-Präsidentschaft hat 2016 den Anfang gemacht und die Notwendigkeit für geordnete Lösungen angesprochen.

erlassjahr.de fordert von den G20, dass sie die Schaffung eines umfassenden und rechtsstaatlichen internationalen Entschuldungsverfahrens bei ihrem Gipfel in Deutschland auf den Weg bringen.

Wer ist dabei?

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Alle Debt20-Unterstützer als Liste

  1. 2Flügel
  2. ACK Baden-Baden
  3. Adveniat
  4. AEFJN Belgien – Africa Europe Faith Justice Network
  5. AEFJN Frankreich
  6. AES – Arbeitskreis für Entwicklungspolitik und Selbstbesteuerung e.V.
  7. Akademie Caritas-Pirckheimer-Haus
  8. Aktion Selbstbesteuerung e.V.
  9. Aktionsbündnis Ostalb gegen TTIP
  10. Aktionskreis Eine Welt Wuppertal-Ronsdorf e.V.
  11. Arbeitskreis Eine Welt /REL
  12. Arbeitsstelle Eine Welt Leipzig
  13. attac Aalen
  14. Baobab e.V.
  15. Barmherzige Schwestern vom hl. Vinzenz von Paul in Untermarchtal
  16. Bezirkssynodalrat Main-Taunus
  17. Bischöfliche Kommission “Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung”
  18. Bischöfliches Hilfswerk MISEREOR
  19. Bischöfliches Ordinariat Mainz – Referat Gerechtigkeit u. Frieden
  20. Bistum Fulda
  21. Bistum Limburg
  22. Bistum Münster
  23. Bistum Speyer
  24. BLUE 21 e.V.
  25. Brasilienkreis St. Heinrich Marl e.V.
  26. Bremer entwicklungspolitisches Netzwerk e.V.
  27. Brot für die Welt
  28. Bündnis Eine Welt Schleswig-Holstein e.V. (BEI)
  29. Campo Limpo – Solidarität mit Brasilien e.V.
  30. Caritasverband für das Erzbistum Hamburg e.V.
  31. Center of Concern
  32. Centro de los Derechos del Campesino
  33. Christen für gerechte Wirtschaftsordnung e.V.
  34. Comboni Missionare-KöR
  35. CRAN-Freundeskreis e.V.
  36. CVJM Landesverband Hannover e. V.
  37. CVJM-Gesamtverband in Deutschland e.V.
  38. Das Hunger Projekt e.V.
  39. DEAB – Dachverband Entwicklungspolitik Baden-Württemberg e.V.
  40. Debt Justice Norway
  41. Deutsche Arbeitslosen- und Sozialwerke
  42. Deutsche Provinz der Schwestern vom Guten Hirten, KöR
  43. Dienerinnen der hl. Kindheit Jesu
  44. Dillinger Franziskanerinnen, Provinz Bamberg
  45. Bistum Hildesheim
  46. Don Bosco Mondo e.V.
  47. Dritte Welt Laden Erlangen e.V.
  48. e/motion
  49. Eine Welt Forum Düsseldorf e.V.
  50. Eine Welt Forum Mülheim an der Ruhr
  51. Eine Welt Laden Salzkotten
  52. Eine Welt Leipzig e.V.
  53. Eine-Welt-Forum Münster e.V.
  54. Eine-Welt-Haus e.V. Jena
  55. Eine-Welt-Initiative im Landkreis Mühldorf EWIM
  56. Eine-Welt-Laden Alavanyo
  57. Eine-Welt-Laden Dortmund-Sölde
  58. Eine-Welt-Laden Fürth e.V.
  59. Eine-Welt-Laden Lauf e.V.
  60. EnaBanda Slowenien
  61. Entwicklungspädagogisches Informationszentrum EPiZ Reutlingen
  62. Entwicklungspolitisches Netzwerk Hessen e.V.
  63. Entwicklungspolitisches Netzwerk Sachsen e.V.
  64. Erdcharta
  65. Erzbistum Bamberg
  66. Erzbistum Hamburg
  67. Erzbistum Paderborn
  68. Eurodad
  69. Akademikerschaft in Deutschland Landesverband Nordwest
  70. Kgm. Dürnau-Gammelshausen
  71. Kirchengemeinde Steinenbronn
  72. Kirchengemeinde Wolfenhausen-Haintchen
  73. Kirchenkreis Koblenz
  74. Kirchenkreis Recklinghausen
  75. Ev.-luth. Missionswerk Leipzig
  76. Evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Puchheim
  77. Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannover
  78. Evangelische Christuskirchengemeinde von Bad Vilbel
  79. Evangelische Frauen in Württemberg (EFW)
  80. Evangelische Kirche in Hessen und Nassau
  81. Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck
  82. Evangelische Kirchengemeinde Johannes zu Rheine
  83. Evangelische Kirchengemeinde Waltrop
  84. Evangelische Studierendengemeinde Siegen
  85. Evangelischen Landeskirche in Baden
  86. Evangelischer-Lutherischer Kirchenkreis Altholstein
  87. Evangelischer Kirchenkreis Schwelm
  88. Evangelisches Schulreferat der Kirchenkreise an der Nahe
  89. fair-ein e.V.
  90. FORUM EINE WELT GAUTING e.V.
  91. Franziskanerinnen von der Buße u. der chr. Liebe
  92. Freedom from Debt Coalition(FDC)-Philippines
  93. Gemeindedienst für Mission und Ökumene / Evang. Kirche im Rheinland – Region Niederrhein
  94. Gemeingut in BürgerInnenhand
  95. GRAL – Akademie e.V.
  96. Herrnhuter Missionshilfe e.V.
  97. Hochschulseelsorge Hof
  98. Informationsstelle Peru e.V.
  99. INKOTA-netzwerk e.V.
  100. J-GCL Region West
  101. Jesuit Centre for Theological Reflection – JCTR Sambia
  102. Jesuitenmission
  103. Jubilee Debt Campaign
  104. Jubilee Scotland
  105. Kaffeebohne e.V. – Weltladen La Bohnita
  106. Kgm. Karlsruhe-Hardt
  107. Pfarrgemeinde St. Josef Puchheim
  108. Katholikenrat im Bistum Speyer
  109. Katholische Erwachsenenbildung Bildungswerk Ostalbkreis e.V.
  110. Katholische Kirchengemeinde St. Paul
  111. Katholische Landvolkbewegung (KLB) Bayern
  112. Katholische Landvolkbewegung (KLB) Würzburg
  113. Katholischer Deutscher Frauenbund e.V.
  114. Kindernothilfe e.V.
  115. Kirchenkreis Moers
  116. KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche
  117. Kirchlicher Entwicklungsdienst der ev.-luth. Landeskirchen in Braunschweig und Hannovers – KED Niedersachsen
  118. Kirchlicher Entwicklungsdienst der Nordkirche
  119. Kolping International
  120. Kulturküche Aalen e.V.
  121. Landesjugendpfarramt der Evangelischen Kirche in der Pfalz
  122. Landshuter Arbeitskreis Partnerschaft mit der Dritten Welt e.V.
  123. Lebenshaus Schwäbische Alb – Gemeinschaft für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie e.V.
  124. Lorenzer Laden
  125. Micha Deutschland e.V.
  126. Migranetz Thüringen
  127. Mission EineWelt
  128. Missions-Benediktinerinnen
  129. Missionszentrale der Franziskaner e.V.
  130. MÖWe – Amt für Mission, Ökumene und kirchlichen Weltverantwortung der Evangelischen Kirche von Westfalen
  131. NAD – Netzwerk Afrika Deutschland
  132. NaturFreunde Deutschlands e.V.
  133. Netzwerk Steuergerechtigkeit
  134. Nord Süd Forum München e.V.
  135. Nord-Süd-Forum Fürstenfeldbruck
  136. Norddeutsche Mission
  137. Observatori del Deute en la Globalització · ODG
  138. Oikocredit FK Bayern
  139. Oikocredit Förderkreis Baden-Württemberg e.V.
  140. Oikocredit Förderkreis Hessen-Pfalz e.V.
  141. Oikocredit Förderkreis Mitteldeutschland e.V.
  142. Oikocredit Förderkreis Niedersachsen-Bremen e.V.
  143. Oikocredit Förderkreis Norddeutschland e.V.
  144. Oikocredit Förderkreis Nordost e.V.
  145. Oikocredit Geschäftsstelle Deutschland
  146. Oikocredit Westdeutscher Förderkreis e.V.
  147. Ökumenische Akademie Prag
  148. Ökumenische Initiative Eine Welt
  149. Ökumenischer Arbeitskreis Eine Welt mit dem Weltladen Kraichtal
  150. Ökumenischer Eine-Welt-Kreis Friedberg
  151. Ökumenischer Friedenskreis Köln-Pesch
  152. Ökumenischer Zusammenschluss christlicher Eine-Welt-Gruppen Münsters
  153. Ökumenisches Informationszentrum e.V.
  154. Ökumenisches Zentrum Oldenburg e.V.
  155. ONE
  156. Ordensgemeinschaft der Schwestern von der Göttlichen Vorsehung
  157. Partnerschaftsverein Kreid Groß-Gerau – Masatepe/Nicaragua e.V.
  158. pax christi-Diözesanverband Bamberg
  159. pax christi, DV Speyer
  160. PERU-Freunde / Amigos del PERU e.V.
  161. Peru-Kreis Dossenheim
  162. Pfarrei St. Franziskus und Klara – Usingerland
  163. Pfarrgemeinde Eugenbach Müncherau
  164. Plädoyer für eine ökumenische Zukunft
  165. Protestantische Kirchengemeinde Katzweiler-Mehlbach
  166. Psychologische Beratung & Therapie
  167. Schwestern- und Brüderschaft des Evangelischen Johannesstifts e.V.
  168. Succeed in Ghana e.V.
  169. SÜDWIND e.V. – Institut für Ökonomie und Ökumene
  170. Synod of Victoria and Tasmania – Uniting Church in Australia
  171. Tanzania Coalition on Debt and Development – TCDD
  172. Tax Justice Network
  173. Verbund Entwicklungspolitischer Nichtregierungsorganisationen Brandenburg e.V. – VENROB
  174. Verein zur Förderung der ArbeitnehmerInnenbildung im Sinne Josef Cardijns
  175. Versöhnungskirche Ingelheim
  176. Weigle-Haus
  177. Weltgruppe der Evangelischen Georgs-Kirchengemeinde Dortmund
  178. Welthaus Minden
  179. Weltladen Aalen
  180. Weltladen Bremen
  181. Weltladen El Mundo
  182. Weltladen Frankenthal
  183. Weltladen Gießen
  184. Weltladen Löffingen
  185. Weltladen Minden
  186. Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung – WEED e.V.
  187. World Relief Deutschland e.V.
  188. Zentrum für Mission und Ökumene – nordkirche weltweit
  189. Zentrum Oekumene der EKHN und der EKKW

Hintergrund zu den Neuen Schuldenkrisen

Anfang der achtziger Jahre  gerieten die meisten Länder der damals so genannten „Dritten Welt“ in den Sog der Schuldenkrise. Sie zahlten jahrelang mehr an ihre Gläubiger im Globalen Norden, als ihre Volkswirtschaften eigentlich aufbringen konnten, und finanzierten dies durch immer neue Kreditaufnahmen. Ein „verlorenes Entwicklungsjahrzehnt“ ohne Fortschritte bei der Verbesserung der vielerorts miserablen Lebensverhältnisse war die Folge. Wenn man sich die weltwirtschaftliche Situation ansieht, die damals zu dieser Katastrophe geführt hat, findet man vieles davon in den Jahren 2015 und 2016 wieder:

Extrem niedrige Zinsen

Um die Krise in Europa zu bekämpfen flutet die Europäische Zentralbank derzeit die Finanzmärkte mit zinsfreien Krediten. Dieses Überangebot an Kapital führt dazu, dass Anleger mit konventionellen Anlagen in den Industrieländern fast kein Geld mehr verdienen. Entsprechend stark ist die Nachfrage nach Staatsanleihen ärmerer Länder, die noch immer Zinsen in Größenordnungen von 7 bis 15 Prozent anbieten. Dementsprechend groß ist auch die Versuchung für dortige Regierungen, Defizite nicht durch Einsparungen oder effizientere Mittelverwendung, sondern durch vergleichsweise billige Kreditaufnahme zu decken. Die Auslandsschulden aller Entwicklungs- und Schwellenländer steigen deshalb rasant: Von 3.665 Milliarden US-Dollar im Jahr 2010 auf 5.393 Milliarden US-Dollar zum Jahresbeginn 2015. Genau so entstand auch die Krise der achtziger Jahre: Die „Petrodollars“ nach der Ölkrise 1973 wurden in die westlichen Bankensysteme gepumpt, die Zinsen sanken und Anleger machten sich mit Koffern voll Geld auf den Weg zu den damaligen Diktatoren in Afrika und Lateinamerika.

Hohe Verwundbarkeit der Volkswirtschaften in vielen kreditnehmenden Ländern

Nur wenige Staaten konnten seit den achtziger Jahren ihre Volkswirtschaften erfolgreich weiterentwickeln. Viele sind weiterhin von wenigen Exportprodukten – häufig mineralischen oder landwirtschaftlichen Rohstoffen – abhängig. Fallen dafür die Preise, zum Beispiel wegen der aktuellen Nachfrageschwäche in China, brechen Einnahmen weg und werden ihrerseits durch weitere Kreditaufnahmen ersetzt. Den gleichen Teufelskreis können Naturkatastrophen wie Dürren in Ostafrika oder Wirbelstürme in der Karibik auslösen.

Schlechte Regierungsführung

Trotz Bemühungen internationaler Organisationen sind in vielen Ländern Demokratisierung und Rechtsstaatlichkeit nicht vorangekommen. Die demokratischen Aufbrüche der neunziger Jahre sind in vielen Ländern stecken geblieben oder haben sich – wie in Ägypten oder Syrien nach dem Arabischen Frühling – sogar wieder in autoritäre Strukturen oder Schlimmeres verwandelt. Autoritäre Regierungen nehmen aber, wie seinerzeit die Kleptokraten in der Zeit des Kalten Krieges, gerne Kredite auf, um sich damit Loyalität zu kaufen oder ihren Unterdrückungsapparat aufrecht zu erhalten. Und viele westliche und östliche Geldgeber vertrauen darauf, dass die Rückzahlung ihrer Kredite nötigenfalls durch Repression oder das Aushungern der Bevölkerung sichergestellt wird.

Schuldenbumerang

Auch wenn natürlich die Menschen in den verschuldeten Ländern am meisten unter einer Krise zu leiden haben: Wir sind genauso betroffen, wenn unsere eigenen Banken und Investmentfonds oder auch die Bundesregierung rücksichtslos Schulden in ärmeren Ländern eintreibt. Der Effekt kommt zurück wie ein Bumerang: Die Überausbeutung der natürlichen Ressourcen zur Aufbringung des Schuldendienstes bedroht die globale Umwelt und heizt den Klimawandel an. Menschen, denen ihre Lebensperspektiven genommen werden, suchen ihr Glück im Ausland und vorzugsweise in den Ländern, in die zuvor schon ihr Geld verschwunden ist. Wenn Staaten und Völker verarmen, heizt das soziale Konflikte an. Für aggressive Bewegungen sind perspektivlose Jugendliche ein reiches Rekrutierungsfeld. Und schließlich blühen Schwarzgeld- und Drogenökonomie, wenn Staaten unter dem Druck von Strukturanpassungsprogrammen ihre Banken und Finanzsysteme nicht mehr regulieren können.

Die fatale Rolle der Internationalen Finanz­institutionen

Die Finanzierung des Schuldendienstes von eigentlich insolventen Staaten ist das Geschäftsmodell des Internationalen Währungsfonds. Ende der achtziger Jahre waren mehr als vierzig Staaten zahlungsunfähig. Ihre Schulden wurden aber nicht gestrichen, sondern Weltbank und IWF stellten frisches Geld zur Verfügung, damit die Banken und Gläubigerregierungen im Globalen Norden weiter bezahlt werden konnten. Am Ende waren die Internationalen Finanzinstitutionen selbst die größten Gläubiger der ärmsten Länder und verlangten im Gegenzug für weitere Finanzierungen drastische Einsparungen zulasten der ärmsten Bevölkerungsschichten. Eine massive Verelendung in vielen Ländern war die Folge. Seither hat es mehrere kritische Evaluierungen dieser sogenannten Strukturanpassungsprogramme gegeben und allerlei Verbesserungen im Detail, aber keinen grundsätzlichen Politikwechsel. Im Gegenteil: Das gleiche Modell der Umverteilung von unten nach oben im Interesse des Schuldendienstes hat der IWF als Teil der Troika zu Beginn dieser Dekade auch in Griechenland angewandt – und damit die Krise in der europäischen Peripherie zur Katastrophe gemacht.

Kein Ausweg

Wie vor dreißig Jahren gibt es auch heute kein geordnetes Verfahren zur Überwindung von Staatspleiten. Ein Staat, der nicht mehr zahlen kann, muss mit allen seinen Gläubigern einzeln verhandeln: mit den Regierungen, die Geld für Handelsgeschäfte oder Entwicklungshilfe geliehen haben, im Gläubigerkartell des „Pariser Club“; mit den Banken im „Londoner Club“;  mit den Eigentümern seiner Staatsanleihen einzeln und die gerade für die ärmeren Länder wichtigen multilateralen Gläubiger wie Weltbank und Internationaler Währungsfonds verhandeln überhaupt nicht, sondern wollen unter allen Umständen Geld sehen. Es gibt kein rechtlich verankertes oder zumindest informell von Gläubigern und Schuldnern gemeinsam akzeptiertes unparteiisches Verfahren, welches eine schnelle und rechtsstaatliche Lösung hervorbringen könnte. Entsprechend lange ziehen sich die Verhandlungen hin: Der Senegal verhandelte vierzehnmal mit seinen Gläubigern im Pariser Club, bevor der größte Teil der untragbaren Schulden gestrichen wurde. Grenada war zuletzt fast zwei Jahre offiziell pleite, bevor eine halbherzige Lösung von einigen Gläubigern zugestanden wurde.

„Wer nichts aus der Geschichte lernt, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen.“
G. Santayana, amerikanischer Philosoph, 1863-1952

Fragen und Antworten zur Kampagne

Warum sammeln wir Logos statt Einzelunterschriften?

erlassjahr.de ist ein Bündnis aus vielen verschiedenen Organisationen, die sich für faire Entschuldung einsetzen. Das ist unsere große Stärke, daher sammeln wir für die Kampagne die Unterstützung von Organisationen, in denen viele Menschen gemeinsam aktiv sind. Die Diskussion um eine sichtbare Beteiligung an der Kampagne mit dem eigenen Logo kann auch ein Fokus für eine wichtige Diskussion über Globale Gerechtigkeit in den eigenen Gremien sein.

Sollen wir auch als Gemeinde unterschrieben, wenn unsere Landeskirche oder Diözese schon dabei ist?

Ja. Während bundesweite und regionale Organisationen politische Prozesse beeinflussen können, sind es die lokalen Initiativen und Zusammenschlüsse, die sich im direkten Dialog mit den Menschen an der Basis befinden und nachhaltig zu Themen Globaler Gerechtigkeit informieren. Beides ist wichtig, wenn es darum geht, die große Politik zu verändern.

Wie kann ich die Aktion in meinen Gemeinderat/Vorstand einbringen?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten:

  • Du kannst die benötigte Anzahl an Kampagnenbroschüren Debt20 (Format A4) für den Gemeinderat/Vorstand bei uns anfordern und damit selbst das Thema vorstellen. Die Broschüre enthält alle wichtigen Informationen rund um die Kampagne und das Thema.
  • erlassjahr.de bietet für Multiplikator/innen eine Powerpoint-Präsentation mit Sprechnotizen zur Kampagne an, die man per E-Mail bei uns anfordern kann. Du kannst damit die Kampagne ganz einfach selbst vorstellen.
  • Alternativ kann auch ein/e Referent/in von erlassjahr.de das Thema und die Kampagne beim Gemeinderat/Vorstand vorstellen. Wir freuen uns auf eure Anfrage im erlassjahr.de-Büro.

Darüber hinaus sind wir gerne bei der Zusammenstellung benötigter Informationen oder Unterlagen behilflich.

Was passiert mit den Logos und verpflichten wir uns über die Präsentation der Logos hinaus?

Die Logos wurden im Herbst 2016 zusammen mit den Stimmen der Debt20 und der Kampagnenforderung an die Bundesregierung übergeben. Beim Aktionstag zum G20-Finanzministertreffen in Baden-Baden haben wir ein großes Banner mit allen Unterstützerlogos präsentiert. Auch beim G20-Gipfel in Hamburg wollen wir auf ähnliche Art zeigen, wie viele Organisationen die Kampagne Debt20 tragen.

Über diese Präsentation der Logos hinaus gibt es keine Verpflichtungen für die Unterstützerorganisation. Auch werden die Logos in keinem anderen Kontext als der Debt20-Kampagne genutzt.

Können auch Partner-Organisationen im Ausland mit ihrem Logo dabei sein?

Selbstverständlich. Die Entscheidungen, die die G20-Mitglieder über die Regeln der Weltwirtschaft treffen, betreffen viele Länder und Menschen weltweit. Daher freuen wir uns über globale Unterstützung.

Meine Organisation unterstützt die Kampagne bereits. Was können wir darüber hinaus noch tun, um das Ziel der fairen Entschuldung zu unterstützen?

Die Mitträgerorganisationen und Einzelunterstützer/innen von erlassjahr.de bilden das politische Rückgrat des Bündnisses. Neben der Unterstützung von Aktionen und Kampagnen kann man den Einsatz für faire Entschuldung durch eine Mitträgerschaft (Organisationen) oder Einzelunterstützung (Personen ohne Organisationsbindung) unterstützen. Alle Informationen zur Mitträgerschaft und Einzelunterstützung findest Du hier.

 

Gefördert von ENGAGEMENT GLOBAL im Auftrag des

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