Getroffen von drei Krisen: die Karibik zwischen Klimakatastrophe, Corona-Pandemie und Schuldenkrise 

Die Karibik gehört zu den am stärksten durch den Klimawandel gefährdeten Regionen der Welt. In der Hurrikan-Saison richten Stürme immer wieder große Schäden an. Dabei tragen die betroffenen Staaten selbst kaum etwas zum globalen Klimawandel bei.

Gleichzeitig hat die Corona-Pandemie die Region besonders hart getroffen: Eine der Haupteinnahmequellen, der Tourismus, kam im Frühjahr 2020 fast vollständig zum Erliegen und hat sich bis heute kaum erholt. Warenimporte wurden immer teurer. Das Wirtschaftswachstum vieler Staaten brach massiv ein.

Beide Krisen treffen in der Region auf eine prekäre Verschuldungssituation: Sieben der acht karibischen Inselstaaten sind laut Schuldenreport 2022 kritisch bis sehr kritisch verschuldet. Sechs von acht Staaten weisen über die vergangenen vier Jahre einen deutlich negativen Verschuldungstrend auf.

Von den Schuldenerleichterungsmaßnahmen der G20, dem Schuldenmoratorium DSSI und dem Entschuldungsrahmenwerk Common Framework, konnten die Staaten der Region jedoch kaum profitieren.

Bereits 2018 hatte unsere karibische Partnerorganisation, das Entschuldungsnetzwerk Jubilee Caribbean, konkrete Forderungen formuliert, welche Maßnahmen besonders vulnerablen Staaten im Falle einer Klimakatastrophe helfen würden. Im Zuge der Corona-Pandemie äußern sich nun immer mehr Stimmen aus der Region und fordern kurz-, mittel und langfristige Entschuldungsmaßnahmen. Hierzu zählen etwa die Karibische Gemeinschaft CARICOM oder die Allianz der kleinen Inselstaaten AOSIS.

Das Problem: Kein einziger der Staaten oder Staatenbünde aus der Region sitzt mit am Tisch, wenn in den internationalen Gremien über Schuldenerleichterungen entschieden wird. In der G7, der G20 oder dem Pariser Club haben sie keinerlei Stimme, im Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank ist ihr Einfluss minimal.

Gemeinsam mit unseren Partner*innen aus dem Globalen Süden setzen wir uns deshalb dafür ein, dass ihre Stimmen endlich gehört werden: Die dreifache Verwundbarkeit der karibischen Staaten muss anerkannt und in entsprechenden Schuldenerleichterungsmaßnahmen umgesetzt werden. Nur so kann es den Staaten gelingen, die Folgen der Corona-Pandemie aufzufangen und die Herausforderungen der Klimakrise zu bewältigen.

Auf dieser Themenseite wollen wir deshalb Informationen zur Verschuldungssituation der Staaten in der Region bündeln und Lösungsvorschläge der regionalen Akteure sichtbar machen.

 

Stimmen aus der Region

Jubilee Caribbean

Das karibische Entschuldungsnetzwerk Jubilee Caribbean fordert, dass Staaten, die Opfer tropischer Wirbelstürme geworden sind, ihren Schuldendienst aussetzen können. Ein solches Moratorium und die Aufnahme effizienter Umschuldungsverhandlungen würden nach einer Katastrophe schnell dringend benötigte Mittel für Nothilfe und Wiederaufbau freimachen.

„(…) Our nations are not only exposed to adverse weather phenomena. Moreover, we are small Island States with small and less diversified economies that have little capacity to withstand external shocks, with which poor but larger nations may be able to cope. This has been one of the reasons that we have never been able to sustainably escape from our debt traps. However, our external debt can be turned into an instrument of efficient support in the event of future catastrophes, if there is a proper mechanism to allow for moratoria and serious debt restructuring. (…)“

Jubilee Caribbean, 2018

AOSIS

Die Allianz der kleinen Inselstaaten (AOSIS) fordert unter anderem, dass die Schuldenerleichterungen der G20 auch auf Mitteleinkommensländer ausgeweitet und dass private Gläubiger verpflichtend darin einbezogen werden. Statt des Bruttoinlandsprodukts solle die Vulnerabilität von Staaten als Maßstab für die Qualifizierung für Schuldenerleichterungen geltend gemacht werden.

„(…) We support the calls made by the UN Secretary General and UN Conference on Trade and Development for debt relief. We support the actions adopted by the international community for debt service suspension for poor developing countries. Unfortunately, these are insufficient to address the challenges facing SIDS during this pandemic.

Our Alliance calls on all relevant major stakeholders, inter alia, the World Bank Group, the International Monetary Fund, multilateral and regional development banks, bilateral creditors and other private creditors, to take immediate and substantial actions that will allow SIDS to manage the unfolding crisis caused by the COVID-19 pandemic and address our grave socio-economic impacts, while preserving our sustainable development achievements and commitments, and reinforce our resilience to climate change. (…)“

AOSIS, 2020

CARICOM

Auch die Karibische Gemeinschaft (CARICOM) fordert die Ausweitung von Schuldenerleichterungsmaßnahmen auf vulnerable Staaten mit mittlerem oder höherem Einkommen. Diese Maßnahmen sollten insbesondere für Schulden gelten, die im Rahmen der Bewältigung der Corona-Pandemie und der Klimakrise gemacht wurden.

„(…) We applied funds that were budgeted for other purposes to meet the needs of the health sector for PPEs, medical equipment, testing supplies and vaccines. We shifted funds to meet basic social safety nets. We repurposed loans and borrowed additional funds. Already high debt burdens grew even higher. (…)“

Carla Barnett, CARICOM, 2021

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