Mit Schulden fair verfahren!

 

Ohne Schulden­erlasse sind die Ziele für nachhaltige Entwicklung nicht zu erreichen!

Hunger und Armut beenden! Lebensgrundlagen bewahren! Gesundheit und Bildung für alle! – Das sind Ziele für nachhaltige Entwicklung, die die internationale Gemeinschaft bis zum Jahr 2030 erreichen will.

Allerdings: Ohne umfassende Schuldenerlasse geht es nicht.

Die Mehrheit der Staaten im Globalen Süden ist kritisch verschuldet, knapp ein Viertel sogar sehr kritisch. Diese Länder müssen oft hohe Summen in die Schuldenrückzahlung stecken. Geld für Investitionen in soziale Bereiche wie Gesundheit, Bildung und Armutsbekämpfung, in Infrastruktur oder Maßnahmen zur Bewältigung des Klimawandels fehlt. Ob in Sambia, El Salvador oder Sri Lanka: Unter der hohen Schuldenlast leiden arme Menschen und verwundbare Gruppen wie Frauen und Kinder ganz besonders.

Um die Schuldenkrise zu überwinden, müssen überschuldete Staaten die Chance bekommen, unter fairen und transparenten Bedingungen über ihre Schulden zu verhandeln. Doch trotz Forderungen aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Politik gibt es ein solches Verfahren bislang nicht. Aktuell entscheiden allein die Gläubiger, ob und in welcher Höhe Schulden erlassen werden. Meist fallen Schuldenerleichterungen deshalb zu gering aus.

Es muss etwas getan werden!

Die deutsche Bundesregierung hat dieses Problem erkannt. Sie will die Schaffung eines Insolvenzverfahrens für Staaten unterstützen. Das Ziel: besonders gefährdeten Ländern rasche und umfassende Schuldenerleichterungen ermöglichen. In ihrem Koalitionsvertrag haben die drei Regierungsparteien dieses Ziel für die Wahlperiode bis September 2025 festgehalten. Nun ist es unsere Aufgabe, sie an dieses Versprechen zu erinnern!

“Wir unterstützen eine Initiative für ein kodifiziertes internationales Staateninsolvenzverfahren, das alle Gläubiger miteinbezieht und Schuldenerleichterungen für besonders gefährdete Ländergruppen umsetzt.”

Deshalb fordert erlassjahr.de: Der Koalitionsvertrag muss umgesetzt, ein faires und transparentes Staateninsolvenzverfahren muss geschaffen werden!

Konkret bedeutet das:

  • Länder erhalten ausreichend hohe Schuldenerlasse, die die Erreichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung ermöglichen.
  • Über die Notwendigkeit und die Höhe von Schuldenerleichterungen entscheidet zeitnah eine unabhängige Instanz, die selbst weder Schuldner noch Gläubiger ist.
  • Alle Gläubiger werden verpflichtet, sich an notwendigen Schuldenerlassen zu beteiligen.

Natürlich kann Deutschland das nicht allein erreichen. Aber als wirtschaftliches und politisches Schwergewicht wird seine Stimme in mächtigen internationalen Institutionen und Gremien gehört.

Wir fordern die Bundesregierung auf …

… konkrete Schritte zu gehen, um den Worten im Koalitionsvertrag Taten folgen zu lassen!

Anhand unserer Forderungsliste lässt sich messen, wie glaubhaft und zielführend die Bemühungen der Bundesregierung sind. Die Forderungsliste nennt in dieser Legislaturperiode realisierbare politische Reformen – hin zu einem Verfahren, das nicht nur die Rechte der Gläubiger, sondern auch die der Schuldner angemessen berücksichtigt.

Termine

Mitmachen

So könnt ihr die Kampagne unterstützen:

Aktionsbox

Macht mit Schuldensack, Weltschuldenkarte, Aktionspostkarten und Sammelbox an einem öffentlichen Ort auf die Postkarten-Aktion aufmerksam – zum Beispiel im Weltladen oder in der Kirchengemeinde.

Abonniert unseren Newsletter (rechte Spalte), um keine Aktion im Rahmen der Kampagne zu verpassen!

Außerdem könnt ihr die Kampagne unterstützen, indem ihr …

Kampagnenmaterial

Aktuelles und Weiterführende Infos

Englischsprachige Infos und Publikationen zur Kampagne findet ihr auf unserer englischen Kampagnen-Seite “For a fair approach to debt!”.

Antworten auf wichtige Fragen

Anders als für überschuldete Privatpersonen oder Unternehmen gibt es für Staaten kein Insolvenzrecht. Das bedeutet, dass es keine Regelungen für einen raschen und fairen Ausweg aus einer Schuldenkrise gibt und das Recht auf einen Schuldenerlass nicht gesetzlich verankert ist. Abhilfe schaffen könnte ein Staateninsolvenzverfahren. Es gibt verschiedene Vorschläge, wie ein solches Verfahren aussehen könnte, und verschiedene Prinzipien, auf denen es beruhen sollte. Zum Beispiel sollten alle finanziellen Forderungen Teil des Verfahrens sein und die Begutachtung und Entscheidung über Schuldenerlasse sollte nicht von den Gläubigern selbst, sondern von einer unabhängigen Instanz vorgenommen werden. So könnte die Dominanz der Gläubiger in bisherigen Verfahren überwunden werden.

Die Schaffung eines Insolvenzverfahrens ist natürlich ein langwieriger Prozess, den Deutschland nicht alleine gestalten kann. Es gibt jedoch auch auf nationaler Ebene realisierbare Zwischenschritte, die die Bundesregierung noch in dieser Legislaturperiode umsetzen könnte und die bestehende Umschuldungsverfahren schon jetzt fairer gestalten würden. Auf diese Weise könnte mittel- und langfristig der Weg für ein Staateninsolvenzverfahren auf internationaler Ebene bereitet werden.

Weitere Informationen:

Die Einführung eines Staateninsolvenzverfahrens wird bereits seit vielen Jahrzehnten immer wieder diskutiert Dabei wurden sowohl von Schuldner-, als auch von Gläubigerseite Vorstöße gemacht. Vielversprechende Reformprozesse – zum Beispiel 2014/15 in den Vereinten Nationen – fielen dann aber der Blockbildung in diesen Institutionen zwischen den sogenannten Entwicklungs- und Schwellenländern auf der einen Seite und den westlichen Regierungen auf der anderen Seite zum Opfer.

Grundsätzlich erhalten Reforminitiativen Gegenwind, weil a) Schuldnerländer Angst vor der Reaktion ihrer Gläubiger haben, wenn sie eine solche Reform unterstützen, oder weil b) Gläubiger Angst haben, dass es dann zu viele Staatsinsolvenzen geben könnte und die Schuldner zu viel Verhandlungsmacht bekommen. Hinzu kommt die tief verwurzelte Norm im globalen Schuldenmanagement, dass Staatsschulden immer zurückgezahlt werden müssen. So wurden Staatsschuldenkrisen immer wieder ausgesessen und alle Reformvorstöße abgewiegelt.

Auch auf deutscher Ebene hat das Staateninsolvenzverfahren in der Vergangenheit immer mal wieder auf der Agenda gestanden: Schon 2002 und 2009 hatten die damaligen rot-grünen bzw. schwarz-gelben Bundesregierungen die Schaffung eines Staateninsolvenzverfahrens als Ziel in ihren Koalitionsvertrag aufgenommen. Dass es dann doch nicht zu entsprechenden Initiativen kam, hatte unterschiedliche Gründe: 2002 lag es daran, dass zu dem Zeitpunkt gerade erst die Schuldenkrisen vieler ärmerer, hoch verschuldeter Länder unter der sogenannten HIPC-Initiative entschärft wurden. Die globale Schuldenkrise schien damit fürs erste gelöst und rückte politisch wieder in den Hintergrund. 2009 waren die weltweiten Schuldenstände zwar wieder deutlich gestiegen. Die Debatte über Staatsschulden im Globalen Süden war hierzulande aber überlagert von der Diskussion um die Lösung der griechischen Schuldenkrise. Der Einsatz für die Schaffung eines Staateninsolvenzverfahrens, während man gleichzeitig Griechenland ein solches Verfahren sowie umfassende Schuldenerlasse verwehrte, war politisch für die damalige Bundesregierung nicht möglich.

In der Legislaturperiode 2021-2025 sind die Karten jedoch neu gemischt.

Im Vergleich zu 2002 und 2009 ist das globale Umfeld heute ein anderes. Schon während der Corona-Pandemie war die globale Schuldenkrise ganz nach oben auf die Agenda der großen internationalen Gremien wie G20 oder G7 gerückt. Hinzu kommen die bedrückenden Zahlen: 2023 sind 136 Länder und damit rund 90 Prozent aller Staaten im Globalen Süden mehr oder weniger untragbar verschuldet – und die Lage verschärft sich durch die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine und der Klimakrise immer weiter. Betroffen sind nicht nur die „ärmsten“ oder kleine Staaten, sondern auch Mitteleinkommensländer und politische Schwergewichte wie Ghana oder Argentinien. Selbst große Finanzinstitutionen wie die Weltbank und der Internationale Währungsfonds (IWF) drängen plötzlich auf echte Lösungen. Auch die betroffenen Staaten aus dem Globalen Süden formulieren ihre Forderungen immer offensiver und bilden dafür breite Allianzen. Alle Seiten sind sich einig, dass Reformbedarf besteht. Die Chance, dass sich die unterschiedlichen „Blöcke“ nicht mehr blockieren, sondern sich zu gemeinsamen Lösungen durchringen, ist damit so hoch wie selten.

Und auch in Deutschland stehen die Chancen besser: Anders als noch 2002 und 2009 hatten diesmal alle an der Regierung beteiligten Parteien (SPD, Grüne und FDP) das Staateninsolvenzverfahren bereits in ihren Wahlprogrammen erwähnt. Auch wenn die Parteien darunter noch unterschiedliche Dinge verstehen, so ist doch die Grundlage dafür gelegt, dass hier alle Parteien an einem Strang ziehen könnten – wenn sie denn wollten.

Dass das Ziel, sich für die Schaffung eines Staateninsolvenzverfahrens einzusetzen, im Koalitionsvertrag steht, ist zunächst einmal sehr begrüßenswert. Damit hat sich die Bundesregierung eine Selbstverpflichtung auferlegt. Es bedeutet jedoch leider nicht, dass auch wirklich gehandelt wird – das zeigen die wenig positiven Erfahrungen mit den Koalitionsverträgen von 2002 und 2009. In beiden Legislaturperioden war die Schaffung eines Staateninsolvenzverfahrens Teil der Koalitionsvereinbarung, doch beide Male kam es zu keinen proaktiven Initiativen in Richtung eines Staateninsolvenzverfahrens (s.o.). Rechtliche Konsequenzen hat dies nicht: Denn der Koalitionsvertrag ist kein rechtlich bindender „Vertrag“, sondern nur eine politische Absichtserklärung. Seine Inhalte sind weder von den beteiligten Parteien noch von dritter Seite einklagbar. Die Interpretation der Formulierungen und die Umsetzung in praktische Politik unterliegen damit der politischen Aushandlung.

Und genau hier setzt unsere Kampagne an: Mit öffentlichem Druck wollen wir die Bundesregierung immer wieder daran erinnern, wozu sie sich verpflichtet hat. Und mit konkreten Forderungen, realisierbaren Umsetzungsschritten und umfassenden Analysen wollen wir dafür sorgen, dass sie diesmal keine Ausreden hat!

In der Bundesregierung ist nach dem Ressortprinzip das Bundesfinanzministerium (BMF) für globale Schuldenfragen zuständig. Das BMF gestaltet damit federführend die praktische Politik zum Beispiel in Gremien wie der G20 oder dem IWF. Doch das Thema berührt auch Fragen und Arbeitsbereiche anderer Ministerien, insbesondere die des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). So hat das BMZ etwa die Federführung bei allen Fragen, die die deutsche Politik in der größten Entwicklungsbank, der Weltbank, betreffen. Andere, nicht direkt federführende Ministerien können zur Meinungs- und Positionsbildung beitragen, wenn das Thema ihre Bereiche berührt, sie können theoretisch aber auch eigene Initiativen ergreifen.

Neben der Exekutive (also den Ministerien) ist in Deutschland aber auch die Judikative (also das Parlament) für die Gestaltung der Regierungspolitik von Bedeutung – denn ohne Unterstützung des Bundestags können etwa Gesetzgebungsverfahren nicht durchgesetzt werden. Der Bundestag arbeitet wiederum in unterschiedlichen Arbeitsgremien, den Ausschüssen. Für entschuldungspolitische Reformdiskussionen relevant sind insbesondere der Finanzausschuss und der Ausschuss für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (AwZ) im Bundestag. Diesen Ausschüssen sind das BMF und das BMZ rechenschaftspflichtig.

Auch Akteure von außen können eine Rolle spielen: etwa Schuldnerländer, die von der Bundesregierung Handeln einfordern, oder Partnerländer in Gremien wie der G7, der G20 oder der Europäischen Union.

Und zu guter Letzt sind auch wir als Bürger*innen ein wichtiger Akteur: Denn Zivilgesellschaft, Kirchen, Medien und die breite Öffentlichkeit können dafür sorgen, dass die Ministerien und Parteien ein Thema ernst nehmen. Sie können Rechenschaft einfordern und darauf pochen, dass Versprechungen aus dem Koalitionsvertrag auch eingehalten werden.

Die Kampagne startet am 1. Juni 2023 und läuft bis zum Ende der Legislaturperiode im Herbst 2025. Die Postkartenaktion, mit der ihr die Kampagnenforderungen unterstützen könnt, startet ebenfalls im Juni 2023 und läuft ein Jahr: Nach dem 31. Mai 2024 werden die gesammelten Postkarten an die Bundesregierung übergeben. In der Zwischenzeit soll es weitere gezielte (Eil-)Aktionen geben, je nach Anlass und den politischen Entwicklungen. Ab Sommer 2024 planen wir eine neue große Aktion, mit der wir unsere Forderungen in den Bundestagswahlkampf 2024/2025 einbringen wollen.

Wir freuen uns, wenn ihr die Kampagne unterstützt und in euren Kreisen bekannt macht! Alle Informationen zu den Mitmachmöglichkeiten findet ihr hier auf der Kampagnen-Website.

online unterstützen

Alternativ zur Unterzeichnung der Aktionspostkarte könnt ihr die Kampagne auch online unterstützen:

Ja, ich unterstütze die Kampagnenforderungen und fordere die Bundesregierung auf, den Koalitionsvertrag umzusetzen und sich für die Schaffung eines Staateninsolvenzverfahrens einzusetzen!

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