Peru

Hat Peru ein Schuldenproblem?

Peru hat, nachdem es in den neunziger Jahren noch zu den besonders kritisch verschuldeten Ländern des Kontinents gehört hatte, aktuell kein beunruhigendes Schuldenproblem. Allerdings bedrohen die global ansteigenden Zinsen angesichts der beträchtlichen Bestände an Staatsanleihen die fiskalische Stabilität.

Die wichtigsten Schuldenindikatoren (Stand 2022)

IndikatorAusprägungGrenzwert
Auslandsverschuldung im Verhältnis zum Bruttonationaleinkommen (%)38,840
Auslandsverschuldung im Verhältnis zu den jährlichen Exporteinnahmen (%)119,7150
Jährlicher Schuldendienst im Verhältnis zu den jährlichen Exporteinnahmen (%)10,115
Öffentliche Verschuldung im Verhältnis zum BIP (%)34,350
Öffentliche Verschuldung im Verhältnis zu den öffentlichen Einnahmen (%)155,3200
Auslandsschuldenstand (US-Dollar)88,084 Mrd.
Schuldendienst: Zinsen und Tilgungen an ausländische Gläubiger (US-Dollar)7,433 Mrd.

Erklärung zu den Indikatoren und Grenzwerten

Wer sind die Gläubiger von Peru?

Erklärung der Schuldenkategorien

 Die gesamten Auslandsschulden eines Landes setzen sich aus den Schulden des öffentlichen Sektors und denen des Privatsektors zusammen. Im Diagramm sind öffentliche Schulden mit Vollfarben und private Auslandsschulden schraffiert dargestellt.

Bei den öffentlichen Schulden werden drei Gläubigergruppen unterschieden, nämlich multilaterale öffentliche Gläubiger (das sind vor allem Entwicklungsbanken und der IWF), bilaterale öffentliche Gläubiger (das sind andere Regierungen) und private Gläubiger.

Bei den beiden öffentlichen Gläubigerkategorien unterscheiden wir zudem nach konzessionären, also zinsgünstigen Krediten zu Entwicklungshilfebedingungen, und Krediten zu Marktbedingungen („nicht-konzessionäre“).

Bei den öffentlichen Schulden bei privaten Gläubigern unterscheiden wir die beiden Hauptinstrumente, nämlich Bankkredite und Anleihen. Diese beiden Instrumente unterscheiden wir auch bei den Auslandsschulden des Privatsektors.

 

Etwas mehr als die Hälfte von Perus Auslandsschulden entfällt auf den Staat. Der Rest entfällt auf peruanische Banken und Unternehmen. Während der Staat mit Blick auf private Gläubiger ausschließlich Anleihezeichnern Geld schuldet, teilen sich die Auslandsschulden der Unternehmen und Banken jeweils etwa zur Hälfte auf Anleihezeichner und Geschäftsbanken auf. 

Die Schulden bei öffentlichen Gläubigern spielen nur eine relativ geringe Rolle. Sie bestehen zum ganz überwiegenden Teil gegenüber multilateralen Finanzinstitutionen. Schulden bei bilateralen Gläubigern – sei es aus der Entwicklungszusammenarbeit, sei es aus öffentlich verbürgten Handelsgeschäften – sind marginal.

Vier multilaterale Institutionen sind Gläubiger Perus: Mit Forderungen von knapp 4,9 Milliarden US-Dollar ist die Weltbank davon der größte. Dahinter folgen mit 3,1 bzw. 0,9 Milliarden US-Dollar die Interamerikanische Entwicklungsbank und der Andine Entwicklungsfonds. Ein kleiner Betrag entfällt auf den Internationalen Agrarentwicklungsfonds. Fast ausschließlich wurden diese Kredite zu marktnahen, also relativ teuren Bedingungen vergeben.

Nennenswerte bilaterale Gläubiger sind bei der Entwicklungszusammenarbeit allein Japan und Deutschland. Dabei weichen die Angaben der Weltbank von denen der Bundesregierung stark ab: Die Weltbank weist deutsche Forderungen aus der Entwicklungszusammenarbeit in Höhe von 87 Millionen US-Dollar aus, während die Bundesregierung 143 Millionen Euro beansprucht. Dafür stehen in den deutschen Büchern keine Forderungen aus Handelsgeschäften, während die Weltbank Deutschland mit 478 Millionen US-Dollar einen Großteil aller bilateralen öffentlichen Handelsschulden Perus zuschreibt. Die Hauptgläubigergruppe Perus sind internationale Anleger, die drei Viertel des öffentlichen Schuldenstands ausmachen.

Trend

Drei der fünf Schuldenindikatoren haben sich zwischen 2019 und 2022 um wenigstens 10 Prozent verschlechtert – allerdings von einem unproblematisch niedrigen Niveau aus. Dabei liegen alle Indikatoren unter den niedrigsten Grenzwerten, die der Analyse im Schuldenreport 2024 zugrunde gelegt werden. Zwischen der Analyse im Schuldenreport 2023 und der im Schuldenreport 2024 hat sich die Schuldensituation Perus insofern verbessert, als dass Peru von leicht kritisch zu unkritisch gestuft wurde. 

Bisherige Schuldenerleichterungen für Peru

In den achtziger und neunziger Jahren handelte Peru einige große Umschuldungen mit seinen Gläubigern im sogenannten Pariser Club der Gläubigerregierungen aus: Von 1968 bis 1984 wurde fünfmal ohne Erlasse umgeschuldet. 1991, 1993 und 1996 wurden die vom Pariser Club für Länder mit niedrigem mittlerem Einkommen entwickelten Houston Terms angewandt. In diesem Rahmen wurden Schulden aus der Entwicklungszusammenarbeit zum ursprünglichen günstigen Zinssatz mit längeren Rückzahlungsfristen versehen, so dass sich neben einer unmittelbaren Entlastung beim laufenden Schuldendienst auch eine kleine Reduzierung des Barwerts des Schuldenstandes ergab.

1985 hatte der damals frische gewählte sozialdemokratische Präsident Alan García spektakulär angekündigt, Peru werde künftig maximal 10 Prozent seiner jährlichen Exporteinnahmen für den Schuldendienst aufwenden. Diese Erklärung löste eine sehr nützliche Diskussion über die Deckelung der Schuldendienstquote aus, deren Logik sich auch in der späteren Entschuldungsinitiative für hoch verschuldete arme Länder (Heavily Indebted Poor Countries, HIPC) wiederfand. Allerdings zahlte García in den meisten Jahren seiner Präsidentschaft stets deutlich mehr als 10 Prozent der Exporteinnahmen für den Schuldendienst. 

Peru ist darüber hinaus eines der Länder, die in den Genuss von Schuldenumwandlungen für Entwicklung im Rahmen des entsprechenden Programms der Bundesregierung kamen. Dabei wurden nicht nur einzelne Vorhaben finanziert, sondern durch eine starke gemeinsame Kampagne peruanischer und deutscher Zivilgesellschaft die Schaffung eines Gegenwertfonds vereinbart, aus dessen Mitteln zahlreiche Vorhaben unter Beteiligung der peruanischen Zivilgesellschaft finanziert wurden. Der Fonds begann seine Arbeit 2003 und existierte bis Ende 2016.

Im September 2023 wurde bekannt, dass Peru und die USA eine Schuldenumwandlung über 18 Millionen US-Dollar vereinbart haben. Die umgewandelten Schuldendienstzahlungen gehen in einen Naturschutzfonds, über den Zuschüsse für den Schutz und die Wiederaufforstung von Tropenwäldern bereitgestellt werden sollen. Lokale Nichtregierungsorganisationen, die Projekte im Amazonasgebiet umsetzen, sollen Zugang zu diesen Zuschüssen erhalten.  

Für die multilateralen Entschuldungsinitiativen HIPC und die darauf aufbauende Multilateral Debt Relief Initiative um die Jahrtausendwerte sowie die von den G20 zur Bekämpfung der Corona-Pandemie geschaffene Moratoriumsinitiative (Debt Service Suspension Initiative, DSSI) war und ist Peru nicht qualifiziert.

 

Stand: April 2024 

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