Surinam

Hat Surinam ein Schuldenproblem?

Ja. Surinam befindet sich aktuell im Zahlungsausfall gegenüber seinen privaten Anleihezeichnern. Bereits in den letzten Jahren hat die Verschuldung Surinams unter anderem aufgrund des Einbruchs der Rohstoffpreise beständig zugenommen. Das Land ist zudem stark von den wirtschaftlichen Einbrüchen in Folge der Corona-Pandemie betroffen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) schätzt für 2020 mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von fast 14 Prozent. Trotzdem ist Surinam als Mitteleinkommensland vom Schuldenerlass des IWF und dem Schuldenmoratorium der G20-Staaten (engl. Debt Service Suspension Initiative, DSSI) ausgeschlossen. Aktuell handelt Surinam mit dem IWF die Konditionen eines Hilfskredits aus.

Die wichtigsten Schuldenindikatoren (Stand Ende 2020)

IndikatorAusprägungGrenzwert
Auslandsverschuldung im Verhältnis zum Bruttonationaleinkommen (2018) (%)102,640
Auslandsverschuldung im Verhältnis zu den jährlichen Exporteinnahmen (2018) (%)153,8150
Jährlicher Schuldendienst im Verhältnis zu den jährlichen Exporteinnahmen (%)15
Öffentliche Verschuldung im Verhältnis zum BIP (%)165,750
Öffentliche Verschuldung im Verhältnis zu den öffentlichen Einnahmen (%)735,5200
Auslandsschuldenstand (2018) (US-Dollar)3,54 Mrd.
Schuldendienst: Zinsen und Tilgungen an ausländische Gläubiger (US-Dollar)k.A.

Erklärung zu den Indikatoren und Grenzwerten

Wer sind die Gläubiger von Suriname?

Surinam berichtet nicht an das Debtor Reporting System der Weltbank. Deswegen stehen Angaben zu den Gläubigergruppen nicht in gleicher Weise wie bei anderen Ländern zur Verfügung.

Nach Angaben des IWF ist jedoch davon auszugehen, dass sich die gesamten Auslandsschulden zu ungefähr gleichen Teilen auf den öffentlichen und den privaten Sektor des Landes verteilen.

Die Zusammensetzung der Gläubiger des öffentlichen Sektors wird von der surinamischen Regierung darüber hinaus recht detailliert offengelegt: Etwa 35 Prozent der ausländischen Forderungen gegenüber dem surinamischen Staat halten multilaterale öffentliche Gläubiger, den Löwenanteil (> 80 Prozent) hält dabei die Interamerikanische Entwicklungsbank. Weitere 26 Prozent der ausländischen surinamischen Staatsschulden werden von bilateralen öffentlichen Gläubigern gehalten. Mit ca. 75 Prozent der gehaltenen bilateralen Forderungen ist China der wichtigste bilaterale Gläubiger Surinams. Weitere Gläubiger sind Indien und Frankreich. Deutschland hält keine Forderungen gegenüber Surinam.

2016 hat Surinam erstmals eine Staatsanaleihe am internationalen Kapitalmarkt platziert. Seit 2016 wurden bisher insgesamt vier Anleihen abgesetzt. Alle zu auch im Ländervergleich ungewöhnlich hohen Zinssätzen zwischen 8,57 und 9,87 Prozent. Im Zuge dieser Entwicklung hielten private Gläubiger Ende 2019 fast 40 Prozent der ausländischen surinamischen öffentlichen Schulden, gut 80 Prozent davon in Form von Anleihen.

Trend

Alle verfügbaren Schuldenindikatoren haben sich seit 2016 um mindestens 10 Prozent verschlechtert. Dabei ist zu beachten, dass sich die Werte bereits 2016 aufgrund des wirtschaftlichen Einbruchs im Vergleich zu den Vorjahren stark verschlechtert hatten. Nicht zuletzt aufgrund der hohen Zinssätze auf die vom Staat ausgegebenen Anleihen hat sich auch der Schuldendienst, zu dem der surinamische Staat gegenüber ausländischen Gläubigern verpflichtet ist, in den letzten Jahren massiv erhöht: Musste dieser 2014 noch ca. 50,9 Millionen US-Dollar Zins- und Tilgungszahlungen an das Ausland abführen, sind es 2020 nach Angaben der surinamischen Regierung fast 250 Millionen US-Dollar.

Bisherige Schuldenerleichterungen für Suriname

Bisher hat das Land weder von seinen privaten noch von seinen öffentlichen Gläubigern einen Schuldenerlass erhalten.

Aktuelle Risiken für die Schuldentragfähigkeit

Surinam befindet sich aktuell im Zahlungsausfall gegenüber seinen Anleihezeichnern. Seit Juni 2020 wurden Zins- und Tilgungszahlungen zweimal mit den Anleihehaltern des Landes umgeschuldet. Zuletzt wurde sich im Dezember 2020 auf die Stundung der Schulden bis Ende März 2021 geeinigt.

Als Mittel-Einkommensland ist Surinam von dem Schuldenmoratorium der G20 (DSSI) und der Schuldenerlassinitiative des IWF (CCRT) ausgeschlossen. Aktuell (Stand April 2021) handelt es mit dem IWF die Bedingungen eines Hilfskredits aus.

Bereits 2015 und 2016 geriet Surinam u.a. im Zuge des Rohstoffpreisverfalls in eine schwere wirtschaftliche Depression. Das Land ist stark abhängig von wenigen Exportgütern. 2019 war der Gold-Export für fast 80 Prozent des gesamten Export-Erlöses des Landes verantwortlich.

Nach Berechnungen von Oxford Economics wird erwartet, dass der Exporterlös 2020 im Zuge der Corona-Pandemie um ca. 27,9 Prozent eingebrochen ist; der IWF schätzt mit einem Rückgang des BIP im Jahr 2020 um fast 14 Prozent. Es wird erwartet, dass die Menschen in den ländlichen Regionen, in denen schon jetzt jeder zweite Haushalt in absoluter Armut lebt, am stärksten von den wirtschaftlichen Einbrüchen betroffen sein werden.

Politische Empfehlungen

Bereits 2016 hatte Surinam einen Hilfskredit des IWF in Anspruch genommen. Die Konditionen sahen harte Einschnitte in den öffentlichen Ausgaben vor. Insbesondere Subventionierungen der Strom-, Gas- und Wasserversorgung sollten radikal zurückgefahren werden. Tausende Surinamer hatten gegen diese vom IWF verordnete Austeritätspolitik protestiert. Daraufhin kündigte die Regierung das IWF-Programm auf. Ausschlaggebend dafür dürfte jedoch auch gewesen sein, dass die Regierung es schaffte, erstmals Staatsanleihen im Umfang von 550 Millionen US-Dollar an den internationalen Finanzmärkten abzusetzen, während das IWF-Programm aktiv war und Liquiditätsengpässen somit kurzfristig begegnet werden konnte. Dass dies insbesondere aufgrund der sehr hohen Zinssätze jedoch ebenfalls keine nachhaltige Lösung darstellte, zeigt sich spätestens jetzt.

Bei den aktuellen Verhandlungen um einen neuen Hilfskredit des IWF muss darauf geachtet werden, dass das vereinbarte Maßnahmenpaket keine Ausgaben-Kürzungen vorsieht, die insbesondere die Ärmsten der Bevölkerung am härtesten treffen würden. Generell stellen sich weitere Ausgabenkürzungen angesichts der tiefen aktuellen Rezession und der dramatischen humanitären Lage als sehr zweifelhafte Maßnahme dar. Es muss unbedingt vermieden werden, dass Hilfsgelder des IWF lediglich dafür genutzt werden, private Gläubiger auszubezahlen. Ein (teilweiser) Erlass der privaten Forderungen erscheint unumgänglich und nicht zuletzt den privaten Gläubigern auch daher zumutbar, da die mit der Investition in surinamische Staatsanleihen verbundenen Risiken den Anleihezeichnern bewusst gewesen sein mussten und sie für dieses Risiko bisher fürstlich entlohnt wurden.

Schwierig könnte sich zudem die heterogene Gläubigerstruktur für eine erfolgreiche Umschuldung darstellen. Dies gilt insbesondere, da es Surinam als Mitteleinkommensland nicht gewährt wird, über die ausstehenden Forderungen im Rahmen des Common Framework for Debt Treatments beyond the DSSI der G20-Staaten zu verhandeln.

Stand: April 2021

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