Am Mittwoch, den 9. April, haben Union und SPD nach wochenlangen Verhandlungen den Koalitionsvertrag ihrer künftigen Regierungskoalition öffentlich vorgestellt. Dieser muss innerhalb der Partei(basis) noch abgestimmt werden. Trotz spürbarer Rückschritte bei Fragen globaler Gerechtigkeit enthält der Koalitionsvertrag Ansatzpunkte, die Fortschritte bei der Lösung von Schuldenkrisen in Ländern des Globalen Südens ermöglichen könnten.
Globale Verschuldung bleibt Thema
Im Kapitel 5.1. heißt es zu globaler Verschuldung: „Wir setzen uns für die effektive Bewältigung von Staatsschuldenkrisen ein, bei der alle Gläubiger beteiligt werden“. Wenn auch im Vergleich zum Koalitionsvertrag der vorherigen Ampelregierung deutlich schwächer, so bleibt der formulierte Anspruch, alle Gläubiger an der Lösung von Schuldenkrisen zu beteiligen. Aus Sicht von erlassjahr.de gibt das die Möglichkeit, an die Sondierungen der letzten Legislatur anknüpfen: Dort wurde bereits geprüft, wie der Einbezug privater Gläubiger durch ein deutsches Safe-Harbour-Gesetz verbessert werden kann. Durch die Formulierung im neuen Koalitionsvertrag können Union und SPD dazu aufgefordert werden, das Vorhaben nun konkret umzusetzen und ein entsprechendes Gesetz auf den Weg zu bringen.
Die Afrikanische Union ernst nehmen
Im Koalitionsvertrag bezeichneten Union und SPD zudem die Afrikanische Union als wichtige Partnerin. Bei der Formulierung, zur „effektiven Bewältigung“ von Schuldenkrisen beitragen zu wollen, kann die künftige Bundesregierung unmittelbar ein Zeichen setzen, indem sie Forderungen von Staaten im Globalen Süden unterstützt. Denn die Afrikagruppe der Vereinten Nationen fordert im Rahmen der Verhandlungen zur vierten UN-Entwicklungsfinanzierungskonferenz (FfD4) die Schaffung eines Staateninsolvenzverfahrens. Die künftige Bundesregierung könnte gleich zu Beginn ihrer Legislatur ein Zeichen für inklusiven Multilateralismus setzen, indem sie diese Forderung unterstützt.
ODA-Quote sinkt
Immerhin – das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) bleibt. Die Abschaffung des eigenständigen Ministeriums durch die Integration in das Auswärtige Amt war eine Forderung der Union gewesen, die bis zuletzt Streitpunkt zwischen SPD und Union blieb. Damit das BMZ bleiben konnte, mussten andere Kompromisse her. Diesen gab es offensichtlich bei den Mitteln für Entwicklungszusammenarbeit: Zum ersten Mal seit 30 Jahren fehlt im Koalitionsvertrag eine Selbstverpflichtung zur Einhaltung der ODA-Quote von 0,7 % des Bruttonationaleinkommens. Während in anderen Bereichen die Ausgaben steigen, sind für die Entwicklungszusammenarbeit sogar Kürzungen vorgesehen. Besonders hervorgehoben wird stattdessen die Mobilisierung privater Investoren für die Entwicklungszusammenarbeit. Ein altbekannter und von Zivilgesellschaft immer wieder kritisierter Ansatz, der sich in der Vergangenheit häufig nicht bewährt hat.
Ausblick
Auch wenn es spürbare Rückschritte in Fragen globaler Gerechtigkeit gibt, bleiben Spielräume für faire Entschuldung erhalten. Aus Sicht von erlassjahr.de braucht es den Druck aus der Zivilgesellschaft, damit diese Spielräume konsequent genutzt werden. Dass sich die künftige Bundesregierung weiter auf das Pariser Klimaabkommen und die Agenda 2030 beruft, sind wichtige Ansatzpunkte, mit denen gesellschaftliche Veränderungen weiter möglich sind.