17. April 2023

Schulden bei IWF-Frühjahrstagung: wenig Neues

Die Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank vom 12. bis 14 April 2023 hat erneut erkennen lassen, wie kritisch die Schuldensituation vieler Länder ist und wie gering gleichzeitig ihre Chancen sind, auf eine konventionelle Weise aus ihrer Überschuldung herauszuwachsen. Der World Economic Outlook des IWFprognostiziert für das laufende Jahr nur noch ein globales Wirtschaftswachstum von 2,8 Prozent, der niedrigste Wert seit langem.

Bezeichnend für das Missverhältnis von Anerkennung der sich ausbreitenden Überschuldungskrise einerseits und der Fähigkeit internationaler Foren, darauf eine Antwort zu finden, andererseits ist unter anderem das Communiqué der G24, einer Gruppe von 24 Staaten zur gemeinsamen Vertretung der Position von Ländern aus Asien, Afrika und Lateinamerika im IWF und der Weltbank. Darin stimmt die G24 in die Warnungen vor zunehmenden Schuldenkrisen ein, stellt dann aber nur unkonkrete Forderungen an die Gläubigerseite.

In Washington fand die zweite Sitzung des von der indischen G20-Präsidentschaft ins Leben gerufenen „Runden Tischs zu Schulden“ statt, bei dem G20, Internationale Finanzinstitutionen, einige Schuldnerländer und der Privatsektor vertreten waren. Deutschland war selbst nicht dabei, sondern durch das französische Sekretariat des Pariser Clubs – einem Zusammenschluss traditionell wichtiger bilateraler Gläubiger – vertreten. Zwar ist es aus Sicht von erlassjahr.de eine positive Entwicklung, dass man sich in einem derart umfassenden Format überhaupt trifft, um über notwendige strukturelle Veränderungen der globalen Finanzarchitektur zu sprechen. Greifbare Ergebnisse gab es aber – wie im März beim G20-Gipfel in Bangalore – erneut nicht.

Einziger wirklicher Aufreger in Washington war die Meldung, China sei von seiner Forderung nach Einbeziehung der Multilateralen Entwicklungsbanken (MDB’s) in künftige Umschuldungen, abgerückt. Bundesfinanzminister Lindner zeigt sich in Washington erfreut über die chinesische Nachgiebigkeit. Doch aus Sicht von erlassjahr.de ist das Einlenken Chinas für ein künftiges faires und transparentes Entschuldungsverfahren eher eine schlechte Nachricht: Zwar gibt es dadurch bessere Aussichten auf einen tatsächlichen Fortschritt in konkreten Länderfällen wie Sambia und Sri Lanka. Auf der anderen Seite bedeutet das jedoch, dass die multilateralen Geldgeber wie die Weltbank auch künftig Kredite vergeben werden, ohne die Folgen falscher oder gar katastrophaler Entscheidungen tragen zu müssen – geradezu eine Einladung zu Verschwendung und fragwürdigen Finanzierungen. Am Rande der Tagung haben Umwelt-NROs aufgezeigt, dass allein die Weltbank seit der Unterzeichnung des Pariser Klimaabkommens mindestens 14,8 Milliarden US-Dollar in fossile Energieprojekte statt in den Ausbau der Erneuerbaren gesteckt hat.

Lichtblicke könnten nun dagegen von dem anschließenden Financing for Development-Forum des Wirtschafts- und Sozialrats der Vereinten Nationen in New York kommen: Im bislang nur vorläufig abgestimmten Entwurf für die Abschlusserklärung des Forums wird „ein Instrument, um die Beteiligung des Privatsektors an Umschuldungen zu anzuregen, zu ermutigen oder zu erzwingen“ gefordert. Der Privatsektor hat sich bisher sowohl dem Schuldenmoratorium der G20 wie auch jeglicher Umschuldung unter dem Entschuldungsrahmenwerk Common Framework verweigert. Ein Instrument, ihn notfalls zu proportionalen Schuldenerleichterungen zu zwingen, könnte ein großer Fortschritt sein.