2016 kam heraus, dass die mosambikanische Regierung rund 2 Milliarden US-Dollar Schulden dreier staatlicher Unternehmen vor dem Internationalen Währungsfonds und den internationalen Gebern versteckt hatte. Das war schon wegen der dadurch nicht mehr gegebenen Schuldentragfähigkeit sehr kritisch. Bald stellte sich aber heraus, dass mit den aufgenommenen Krediten weder die Thunfischflotte ausgebaut, noch die eigentlich vorgesehenen Schiffe und Flugzeuge zum Küstenschutz gekauft worden waren. Vielmehr waren erhebliche Teil des Geldes, welches von der schweizerischen Bank Crédit Suisse und der russischen VTB auf dem Kapitalmarkt eingesammelt worden war, bei einer fragwürdigen Vermittlungsfirma mit besten Verbindungen zu mosambikanischen Regierungsmitgliedern und den späteren Auftragnehmern gelandet.
Illegitime Schulden
Viel illegitimer kann eine öffentliche Schuld eigentlich nicht sein:
- Der Nutzen für die Bevölkerung aus den Kreditgeschäften ist bestenfalls marginal.
- Die Kredite wurden von den Ministern der Regierungspartei FRELIMO unter Außerachtlassung parlamentarischer Mitspracherechte unterzeichnet.
- Beides war den Kreditgebern bekannt.
Damit sind die klassischen Bedingungen für eine verabscheuungswürdige („odious“) und damit hinfällige Schuld erfüllt.
Also einfach streichen?
Gelänge es der aktuellen mosambikanischen Regierung die Schuld politisch oder auf einem internationalen Rechtsweg zurückzuweisen, hätte das auch für Mosambik selbst nicht nur positive Folgen: Dem gerade erst von der Generalstaatsanwaltschaft angestrengten Verfahren gegen die Verantwortlichen wäre der Boden entzogen, die unbestreitbare persönliche Bereicherung hoher Parteifunktionäre bliebe ungeahndet, und an künftige Verantwortungsträger würde die Botschaft gesendet, dass man davon kommt, wenn man in die öffentlichen Kassen greift.
Das macht die im Titel formulierte Frage des britischen Mosambik-Experten Joe Hanlon so drängend: Wer genau soll zur Rechenschaft gezogen werden, wenn eigentlich alle Dreck am Stecken haben?
Alternative: Schuldenumwandlung für Entwicklung
erlassjahr.de diskutiert mit der mosambikanischen Entschuldungsbewegung Grupo da Dívida und dem deutschen Solidaritätsnetzwerk KoordinierungsKreis Mosambik eine Option, die weder die Regierung noch die kreditgebenden Banken, sondern die hauptsächlich geschädigte mosambikanische Bevölkerung besserstellen würde: Die mosambikanischen Behörden sollen die formal bestehende Schuld weiter bedienen; Empfänger wären aber nicht mehr die beiden Banken beziehungsweise diejenigen, denen diese ihre Forderungen an Mosambik seither weiter verkauft haben. Vielmehr würde die Zahlungsverpflichtung in Dollar in eine in der Landeswährung Meticais umgewandelt und der Empfänger könnte ein zu schaffender Fonds für soziale Entwicklung in Mosambik sein, welcher gemeinsam von der mosambikanischen Zivilgesellschaft der Regierung, den (ehemaligen) Gläubigerbanken und einer starken internationalen Entwicklungsorganisation wie etwa dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) gemeinsam verwaltet wird. Aus dem Fonds werden gemeinsam vereinbarte Vorhaben für das Erreichen der Sustainable Development Goals in Mosambik finanziert.
Dieses Modell nennt man „Schuldenumwandlung für Entwicklung“ und es ist von einigen Gebern in der Vergangenheit durchaus erfolgreich angewendet worden. Noch nie allerdings auf der Grundlage der offensichtlichen Illegitimität einer Forderung. Gerechter als die bisher stillschweigend betriebene Strategie aller Beteiligten, einfach zu warten bis ab etwa 2021 die Gasförderung vor dem Küste des Landes so viele Einnahmen beschert, dass alle irgendwie ausgezahlt werden und über die dunklen Geschäfte der Mantel des Schweigens ausgebreitet werden kann, wäre es allemal.