7. Januar 2025

Sri Lanka: Klagende Bank blockiert Schuldenrestrukturierung

Im Kontext multipler Krisen musste Sri Lanka im Frühjahr 2022 seine Rückzahlungen an ausländische Gläubiger einstellen. Seitdem führte der südostasiatische Inselstaat diverse Umschuldungsverhandlungen. Im Juni 2024 traf Sri Lanka eine Vereinbarung mit dem Großteil der öffentlichen Gläubiger, darunter der Bundesregierung.

Nach umfangreichen Verhandlungen mit den Haltern der sri-lankischen Staatsanleihen stellte Sri Lanka Ende November 2024 auch die Restrukturierung der Staatsanleihen zur Abstimmung: 11 Anleiheserien mit einem Gesamtvolumen von 12,55 Milliarden US-Dollar sollten gegen neue Anleihen getauscht werden. Ein Anleihetausch ist oft das unvermeidbare Mittel, wenn ein Schuldnerstaat seine Rückzahlungsverpflichtungen nicht wie vertraglich vereinbart erfüllen kann. Durch den Tausch werden neue Anleihen mit angepassten Konditionen – etwa niedrigeren Zinszahlungen oder längeren Rückzahlungsfristen – im Tausch gegen die alten Anleihen ausgegeben. Dies kann zu einer (vorübergehenden) Entlastung für den Schuldnerstaat beitragen. Jedoch hängt die tatsächliche Wirkung stark von den konkreten Konditionen in den neuen Anleihen ab.

Im Falle Sri Lankas fällt der Erleichterungseffekt durch den Anleihetausch nur sehr gering – und aus Sicht von erlassjahr.de unzureichend – aus. Anleihehalter erzielen auch nach dem Tausch mit ihrer Investition in die sri-lankischen Anleihen weiter einen höheren Profit als wenn sie ihr Geld beispielsweise in US-amerikanische oder deutsche Staatsanleihen investiert hätten. Während die Mehrzahl der Anleihehalter diesem für sie vorteilhaften Angebot zustimmte, stellte sich die Hamilton Reserve Bank weiterhin quer: Seit Juni 2022 verklagt die Bank Sri Lanka auf die vollständige Rückzahlung ihrer Forderungen inklusive Straf- und Verzugszinsen. Die Bank hat ihren Sitz im Steuerparadies St. Kitts und Nevis und agiert offensichtlich im Interesse des zwielichtigen Investors, Benjamin Wey.

Anleihe Volumen (in Millionen USD)Zustimmungsrate
 USY8137FAK40125098.21
 USY8137FAN88100097.18
 USY8137FAQ1050099.64
 USY8137FAH11150096.99
 USY8137FAL23125098.98
 USY8137FAP37140098.61
USY8137FAR92150099.05
USY8137FAC2465096.45
USY8137FAE89150098.42
USY8137FAF54100099.2
USY2029SAH77100073.13
Bei 10 der 11 Anleiheserien wurde die erforderliche Zustimmungsrate deutlich erreicht. Bei der Anleihe mit der Seriennummer USY2029SAH77 führte die Weigerung der Hamilton Reserve Bank dazu, dass die notwendige Zustimmungsrate in Höhe von 75 Prozent nicht erzielt wurde.

Je nach Anleiheserie waren verschiedene Zustimmungsraten erforderlich, um den Anleihetausch durchzuführen. Die fragliche Anleihe enthielt ältere Vertragsklauseln, die eine Restrukturierung der Anleihe im Vergleich zu den anderen ausstehenden Anleihen schwieriger machte: Der Tausch der gesamten Anleihe konnte nur durchgeführt werden, wenn mindestens 75 Prozent der Anleihehalter dem Tausch zustimmten. Mit einem Investitionsvolumen von exakt 250,19 Millionen US-Dollar der 1 Milliarde schweren Anleihe hält die Hamilton Reserve Bank jedoch – offenbar mit strategischer Absicht – eine Sperrminorität. Das heißt: die Hamilton Bank konnte nicht überstimmt werden und kann daher weiter vor Gericht versuchen, ihre alten Forderungen im vollen Umfang einzuklagen.

Aktuell pausiert der Gerichtsprozess bis zum 15. Januar. Eine weitere Pausierung ist unwahrscheinlich und ein baldiger Urteilsspruch zu erwarten. Sollte die Bank vor Gericht Erfolg haben, bleibt die Frage, ob die sri-lankische Regierung dem Urteilsspruch folgen wird – und welche Auswirkungen dies auf die Vereinbarung mit den übrigen Gläubigern hätte. Eine vorteilhafte Auszahlung einzelner Gläubiger kann dazu führen, dass Restrukturierungsvereinbarungen mit anderen Gläubigern nichtig werden. Verweigert die Regierung hingegen die Zahlung, könnte die Bank versuchen, sri-lankisches Auslandsvermögen zu pfänden, was jedoch auch für die Bank ein riskanter und kostspieliger Prozess wäre. Klar ist jedenfalls, dass der Klageprozess Sri Lanka weiterhin beschäftigen und in Unsicherheit halten wird. Schon das allein ist für die wirtschaftliche Erholung des angeschlagenen Inselstaats ein Hindernis. Die Folgen dessen werden von den einkommensschwächsten und vulnerabelsten Menschen in Sri Lanka getragen, deren Situation sich in den letzten vier Jahren bereits kontinuierlich verschlechtert hat und die sich schon heute keine drei Mahlzeiten, geschweige denn eine ausgewogene, gesunde Ernährung leisten können.

Fazit:

Der Fall macht einmal mehr deutlich, dass wir klare Regeln im Umgang mit verschuldeten Staaten brauchen, bei denen das Recht auf ein Leben in Würde gegenüber dem Recht auf Rückzahlung priorisiert wird: Es darf nicht sein, dass gierige Investoren wie Benjamin Wey durch ihr unkooperatives Verhalten über die Lebenschancen von zig Tausenden bestimmen. Wir brauchen ein etabliertes und institutionell durchsetzbares Recht auf Streichung untragbarer und illegitimer Schulden sowie Gesetze, die private Gläubiger dazu verpflichten, sich an diesen Streichungen zu beteiligen.

Nachtrag: Sri Lanka hat dem Gericht mitgeteilt, dass das Land keinen weiteren Antrag auf Pausierung des Prozesses einreichen wird.

Weitere Informationen