Ende Juni startet in Sevilla die vierte Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung (4th International Conference on Finance and Development (FfD4)). Die Herausforderungen könnten angesichts multipler Krisen kaum größer sein. Erst 17% der nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen wurden erreicht. Viele Ziele drohen bis 2030 nicht mehr erreicht zu werden. Die Erwartungen an die FfD4 sind folglich groß. Eine Gruppe zivilgesellschaftlicher Organisationen fordert europäische Delegierte dazu auf, sich auf der FfD4 für eine Reform der globalen Finanzarchitektur einzusetzen. In einem offenen Brief rufen sie zu dazu auf, einen fairen und transparenten multilateralen Mechanismus zur Lösung von Staatsschuldenkrisen zu schaffen.
Entwicklungsfinanzierung in der Krise
Obwohl viele Länder des Globalen Südens sich in einer Schuldenkrise befinden, stellen zunehmend mehr Länder des Globalen Nordens weniger Mittel zur Entwicklungsfinanzierung bereit. Auch Deutschland plant 2025 seine Entwicklungsgelder um ein Drittel zu kürzen und wird somit aller Voraussicht nach das Ziel verfehlen, 0,7% des Bruttoinlandsprodukts für Entwicklung auszugeben. Hinzu kommt, dass viele Länder durch die gravierende Schuldenkrisen Sparauflagen auferlegt haben. Folglich kürzen viele Staaten Sozialausgaben. In diesem Kontext wächst der Druck auf die FfD4, dass sie bedeutende Reformen der globalen Finanzarchitektur anstößt.
Zivilgesellschaft fordert Führungsrolle von EU und Deutschland
Eine Gruppe von knapp 40 zivilgesellschaftlichen Organisationen, unter ihnen das Europäische Netzwerk für Schulden und Entwicklung (Eurodad) und WEED e.V,, kritisiert jedoch, dass viele Gläubiger – insbesondere die Europäische Kommission – systematisch Reformen blockieren. Die bestehenden Mechanismen wie das G20-Umschuldungsrahmenwerk, das sogenannte Common Framework, seien unzureichend, da sie in erster Linie die Interessen der Gläubiger absichern. Um eine weitere verlorene Dekade der globalen Entwicklung zu verhindern, fordern die Organisationen, dass die FfD4 eine internationale Schuldenkonvention offiziell auf den Weg bringt. Besonders die Staaten Europas seien hier in der Pflicht: Der Globale Norden trage eine historische Verantwortung, da viele der heutigen Schuldenprobleme auf koloniale und imperialistische Ausbeutungsverhältnisse zurückgehen. Ein gerechteres und nachhaltigeres Schuldenregelwerk wäre daher ein notwendiger Schritt, um dieser Verantwortung endlich gerecht zu werden.
Auch erlassjahr.de hat sich mit einem Schreiben an Bundeskanzler Merz sowie die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Alabali-Radovan, gewandt. Gemeinsam mit sieben weiteren deutschen Partnerorganisationen ruft erlassjahr.de die Bundesregierung dazu auf, sich aktiv für eine gerechte und demokratische internationale Finanzarchitektur einzusetzen. In dem Brief verweisen die Organisationen zudem auf einen weiteren offenen Appell, der von erlassjahr.de gemeinsam mit über 200 zivilgesellschaftlichen Organisationen aus 56 Ländern unterzeichnet wurde. Dieser richtet sich gezielt an die europäischen Staaten und fordert sie auf, ambitionierte Entwicklungsziele nicht länger zu blockieren, sondern konstruktiv voranzutreiben.
FfD4 entscheidend für die Erreichung der nachhaltigen Entwicklungsziele
Zehn Jahre nach der dritten Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung (FfD3) sind viele der globalen Nachhaltigkeitsziele noch immer nicht erreicht. Die vierte Konferenz (FfD4) bietet nun aber eine entscheidende Chance, die globale Finanzarchitektur gerechter zu gestalten. Europa – und insbesondere Deutschland – stehen in der Pflicht, historische Verantwortung zu übernehmen und konkrete Reformen voranzubringen. Nur so lassen sich zukünftige Schuldenkrisen vermeiden und nachhaltige Entwicklung weltweit ermöglichen.
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