Forderung nach einem Staateninsolvenzverfahren: Entschuldungsbündnis erlassjahr.de übergibt Unterschriften an Bundesentwicklungsministerin Schulze

(Düsseldorf, 27. September 2024) Am Donnerstag übergab das deutsche Entschuldungsbündnis erlassjahr.de mehr als 2.000 Aktionspostkarten an Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze. Damit forderte das Bündnis die Bundesregierung auf, ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen und konkrete Schritte zur Schaffung eines Staateninsolvenzverfahrens zu unternehmen.

Bei dem Termin bekräftigte Ministerin Schulze die hohe Priorität, die sie dem Thema faire Entschuldung beimisst. Schulze sagte: „Überschuldung hemmt dringend benötigte Zukunftsinvestitionen – etwa in den Klimaschutz, Ernährungssicherheit oder Gesundheit. Überschuldete Staaten brauchen eine nachhaltige und gerechte Lösung. Mit dem Common Framework hat die G20 einen wichtigen Schritt gemacht, bei dem mit China auch endlich der wichtigste neue Gläubiger mit an Bord ist. Nun gilt es, auch private Gläubiger besser in die Pflicht zu nehmen.“

„Es war wichtig, dass wir die Gelegenheit hatten, die zentralen Forderungen unserer Kampagne mit Entwicklungsministerin Schulze zu diskutieren“, erklärt Klaus Göke, Mitglied im Vorstand bei erlassjahr.de. „Die Schaffung eines fairen und transparenten Staateninsolvenzverfahrens muss das Ziel bleiben. Doch auf dem Weg dahin hat die Bundesregierung viele Möglichkeiten. Wir erwarten, dass die Bundesregierung noch in dieser Legislaturperiode konkrete Schritte unternimmt, um den Auftrag aus dem Koalitionsvertrag mit Leben zu füllen.“

Bundesregierung soll sich für ausreichende Schuldenerlasse stark machen

Das Bündnis fordert von der Bundesregierung, sich bei Umschuldungsverhandlungen mit Schuldnerstaaten für ausreichend umfangreiche Schuldenerlasse stark zu machen. „In aktuellen Verhandlungen werden oft nur minimale Schuldenerleichterungen gewährt“, so Malina Stutz, Politische Referentin bei erlassjahr.de. „Dadurch werden die wirtschaftlichen und sozialen Grundrechte der Bevölkerung verletzt.“ Das sehe man aktuell deutlich in Ländern wie Sri Lanka. Schuldenerleichterungen müssten so umfangreich sein, dass sie Ländern eine sozial und ökologisch nachhaltige Erholung aus der Schuldenkrise ermöglichen.

Ein „Safe Harbor“-Gesetz für Deutschland

Das Bündnis fordert zudem, dass die Bundesregierung noch in dieser Legislaturperiode ein sogenanntes „Safe Harbor“-Gesetz zur Verabschiedung in den Bundestag einbringt. Ein solches Gesetz würde verhindern, dass unkooperative Gläubiger Schuldnerländer vor deutschen Gerichten auf Rückzahlung ihrer Forderungen in voller Höhe verklagen können. Damit werde sichergestellt, dass internationale Vereinbarungen zu Schuldenerleichterungen von allen Gläubigern eingehalten werden.

Einsatz für ein Staateninsolvenzverfahren

Darüber hinaus müsse Deutschland sich auch im multilateralen Rahmen für eine Reform der internationalen Finanzarchitektur und für die Schaffung eines Staateninsolvenzverfahrens einsetzen. Von zentraler Bedeutung sei hier die Vierte UN-Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung, die im Sommer 2025 in Spanien stattfinden wird.

Bundesweites Bündnis

Mehr als 2.000 Menschen aus ganz Deutschland hatten in den vergangenen Monaten die Aktionspostkarten des Bündnisses unterzeichnet. Die Aktion war Teil der Kampagne „Mit Schulden fair verfahren! Koalitionsvertrag umsetzen. Staateninsolvenzverfahren schaffen“. Bei der Übergabe der Postkarten in Berlin waren mehrere Vertreter*innen von Mitträgerorganisationen des erlassjahr.de-Bündnisses anwesend, darunter Brot für die Welt, Misereor, WEED e. V., SODI e. V., das oikos-Institut für Mission und Ökumene, die Schwestern- und Brüderschaft des Ev. Johannesstifts, die Herrnhuter Missionshilfe und die attac-Gruppe Aalen. 

Das deutsche Entschuldungsbündnis „erlassjahr.de – Entwicklung braucht Entschuldung e. V.“ setzt sich dafür ein, dass den Lebensbedingungen von Menschen in verschuldeten Ländern mehr Bedeutung beigemessen wird als der Rückzahlung von Staatsschulden. erlassjahr.de wird von mehr als 500 Organisationen aus Kirche, Politik und Zivilgesellschaft bundesweit getragen und ist eingebunden in ein weltweites Netzwerk nationaler und regionaler Entschuldungsinitiativen.

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