Staatspleite und Geierfonds: Argentinien ist kein Einzelfall

Argentinien ist nicht das einzige Land, das aktuell gezwungen wird – oder in der jüngeren Vergangenheit gezwungen wurde – Forderungen von Geierfonds zu erfüllen. Solche Fonds haben früher bereits Banken-Forderungen gekauft und sich geweigert, Schuldenerlasse, die die Mehrheit der übrigen Gläubiger vereinbart hatte, mitzutragen. Urteile zugunsten der Geier im Umfang von 1,965 Milliarden US-Dollar sind dokumentiert.

Die meisten bekannt gewordenen Fälle betreffen Länder, die seit 1996 unter der von Weltbank und IWF betriebenen HIPC-Entschuldungsinitiative entschuldet worden sind, darunter unter anderem Sambia, Liberia, Kamerun, Äthiopien und die Demokratische Republik Kongo. Außerhalb der Initiative wurde Peru ein prominentes Opfer dieses Geschäftsmodells. Nur ein Teil dieser Klagen wird allerdings bisher überhaupt erfasst. Das gesamte Volumen aller anhängigen Klagen gegen Staaten wird auf bis zu 87 Milliarden US-Dollar geschätzt.

„Es ist wichtig, für den konkreten Fall Argentinien nun eine Lösung zu finden“, sagte Jürgen Kaiser, Politischer Koordinator des bundesweiten Entschuldungsbündnisses erlassjahr.de, das sich seit den neunziger Jahren mit den Geierfonds beschäftigt. „Wichtiger als immer neue Schüsseln unter die Löcher im Dach zu stellen ist es aber, das Dach endlich zu reparieren. Die Geier gibt es nur, weil bankrotte Staaten keine Möglichkeit zu einem geordneten und im Völkerrecht verankerten Insolvenzverfahren haben.“

erlassjahr.de weist darauf hin, dass der IWF bereits 2003 die Schaffung eines solchen Verfahrens im Hinblick auf die Staatspleite Argentiniens vorgeschlagen hatte. Verhindert wurde dessen Umsetzung damals auf Betreiben der US-Regierung, die heute mit einem Amicus Curiae-Brief vor ihrem eigenen Supreme Court versucht hat, die Entscheidung zugunsten des Geiers NML Capital zu verhindern.

„Von bislang 35 unter der HIPC-Initiative entschuldeten Ländern weisen nach IWF-Berechnungen bereits sechs wieder ein hohes Überschuldungsrisiko auf; von allen Ländern mit niedrigem Einkommen sind es vierzehn. Jedes von ihnen kann morgen Opfer einer ähnlichen Attacke werden wie Argentinien – oder ist es längst“, so Kaiser.

 

erlassjahr.de – Entwicklung braucht Entschuldung“ ist das größte entwicklungspolitische Bündnis in Deutschland mit Mitträgerorganisationen aus Kirche, Politik und Zivilgesellschaft. erlassjahr.de ist eingebunden in ein weltweites Netzwerk von rund 50 ähnlichen Kampagnen und Bündnissen weltweit. Sie alle wollen es nicht hinnehmen, dass untragbar hohe Schulden in vielen Ländern des Südens wichtige Investitionen in Gesundheit, Bildung und Infrastruktur unmöglich machen.

 

Hintergrundinformationen und eine Übersicht bisheriger Klagen durch Geierfonds enthält Fachinformation 46 „Nicht nur Argentinien ist betroffen: Geierfonds – was sie tun, warum es sie gibt, und was man gegen sie tun kann“.

Weitere Informationen: Jürgen Kaiser, 0211 / 46 93 – 217, j.kaiser@erlassjahr.de