Wenn der IWF kommt… zum Beispiel nach Barbados

Die kleine Karibikinsel Barbados ist der jüngste Krisenkandidat unter den zahlreichen hochverschuldeten kleinen Inselstaaten in der Ostkaribik. Ende April besuchte eine Delegation des Internationalen Währungsfonds Barbados. Am 8.Mai legte diese ihre “Empfehlungen” darüber vor, mit welchen Mitteln, die aktuell über 100% der Wirtschaftsleitung liegende Verschuldung der Insel bis 2020 auf 91% zurückgeführt werden soll.

Dieses Ziel ist bemerkenswert unambitioniert, beträgt es doch mehr als das eineinhalbfache der Tragfähigkeits-Obergrenze des Maastricht-Vertrages, der auch identisch ist mit den Empfehlungen der Karibischen Entwicklungsbank. Erklären lässt sich das möglicherweise mit dem begrenzten Instrumentarium, welches nach Ansicht des Fonds zur Erreichung dieses Ziels überhaupt nur zur Verfügung steht – wie wir im Folgenden sehen werden.

Schlüsselelement für das, was nach Ansicht des IWF machbar und sinnvoll ist, ist ein Primärüberschuss von 4%, d.h. ein solcher Überschuss im öffentlichen Haushalt ohne Berücksichtigung der Zinszahlungen:

Staff analysis finds that an average primary surplus near 4 percent of GDP would be needed to bring the debt-to-GDP ratio to 91 percent by 2020.

Das damit zusammenhängende Dilemma aus einem deutlich höheren Investitionsbedarf und dem Ziel der Schuldentragfähigkeit wird unmittelbar danach deutlich:

Staff note that a significant increase in public investment would help raise growth, but foreign financing of public investment would add to government debt and hinder the goal of lowering debt and macro vulnerabilities, unless fiscal space is made elsewhere.

Die Lösung dieses Dilemmas sieht der IWF darin, dass zwar in den öffentlichen Ausgaben dramatisch gespart werden muss, aber nicht bei den Investitionen, sondern bei den Lohnkosten im öffentlichen Dienst:

“The burden of adjustment should fall more on current spending, which expanded by about 10 percentage points of GDP since the mid 2000s. The team encourages the government to continue lowering the overall wage bill (…)

Die beiden Standard-Ingredienzien fehlen dabei natürlich nicht: Der öffentliche Dienst ist im regionalen Vergleich schon außergewöhnlich hoch (Zahlen nennt der IWF vorsichtshalber nicht, und öffentlich ist der ausführliche Bericht auch nicht), und letztlich profitieren nur die Reichen. Tun sie das? Nachprüfen lässt sich auch das nicht.

The team encourages the government to continue lowering the overall wage bill, which is one of the highest in the region, and reform the civil service to manage this transition. Review of social spending would be important, in particular by reducing the provision of free services and goods to high-income groups.

Und am Ende gibt es dann auch noch den Klassiker: Der Öffentliche Dienst ist nicht kosteneffizient und deshalb ein Fass ohne Boden:

“The team welcomes measures to strengthen the monitoring and control of public enterprises, but progress is slow and deeper restructuring should be launched as soon as possible. Public enterprises pose a major fiscal risk in Barbados, and many are providing services without any link to overall costs or objectives.

Im Zusammenhang mit der Griechenland-Krise hat der IWF aufgrund der desaströsen Ergebnisse der Austeritätspolitik Alternativen zumindest andiskutiert. Diesen gemeinsam ist, dass sie Stabilisierung nicht allein von einer Reduzierung des Zählers im Verhältnis Schuldenlast zu Wirtschaftsleistung erwarten, sondern zumindest zu berücksichtigen versuchen, was Einsparungen eigentlich mit dem Nenner machen. Also: Wenn wir die Wirtschaftsleistung reduzieren, können wir es dann überhaupt schaffen, die Schuldenbelastung noch schneller zu reduzieren. Andernfalls ist – wie im Falle Griechenlands selbst bei nicht mehr wachsendem Schuldenstand – das Problem hinterher größer als vorher.

Das aber würde – in der Karibik nicht anders als in der Ägäis – die Option einer teilweisen Schuldenreduzierung voraussetzen. Und das traut man sich nicht Washington nicht.

Aus der Sicht des globalen Südens ist es bestürzend zu sehen, wie trotz aller Modernisierungen der Fonds-Strategien in den großen spektakulären Fällen, abseits der Weltöffentlichkeit die gescheiterten Rezepte der 80er quicklebendig sind.