Vom Umgang mit Goldenen Regeln im Schuldenmanagement

Ein in der Öffentlichkeit ebenso wie unter Entschuldungs-Fachleuten verbreiteter Mythos ist, dass man eine vorschnelle und unnötig großzügige Entlastung unbedingt vermeiden muss. In einem bemerkenswerten Aufsatz hat der italienische Ökonom Ugo Panizza mit diesem Mythos aufgeräumt: In der Realität haben nicht vorschnelle und zu großzügige sondern verspätete und unzureichende Schuldenerleichterungen alle Parteien viele Milliarden US-Dollar unnötigerweise gekostet. Und, damit nicht immer wieder die gleichen Fehler in jedem neuen Fall von Staatsüberschuldung wiederholt werden plädiert Panizza für die Schaffung eines geordneten Rechtsrahmens, in dem Entschuldung zeitig und fair gewährt werden kann, wenn immer es nötig ist. Getreu dem Satz von Lee Buchheit: “Wenn Du es nicht vermeiden kannst, dann versuche es auch nicht”.

Panizza lässt sich von noch mehr philosophischen Weisheiten inspirieren, darunter die sechs Leitsätze für erfolgreiches Projektmanagement und die zweite Goldene Regel für interstellares Reisen per Anhalter: “Wisse stets, wo Dein Handtuch ist.” Wer wissen möchte, wie das alles mit staubtrockener Ökonomie und Staatsschulden zusammenhängt, dem sei Panizza’s Aufsatz zur Lektüre empfohlen.

Istanbul-Tagebuch 5.10: Tu felix Austria….

Am Tag zwischen den beiden Auftritten zum Thema neue Schuldenkrise, gab es heute nur ein einziges offizielles Treffen. Unsere österreichische Kollegin Karin Küblböck hatte ein Treffen mit dem Gouverneur der Österreichischen Zentralbank organisiert, der gleichzeitig für deren Ländergruppe der Exukutivdirektor ist. Österreich teilt den Exekutivdirektor im Fonds mit neun weiteren Ländern, u.a. Belgien und der Türkei. Deswegen waren auch Pol Vonderoort aus Brüsse und die neue EURODAD-Direktorin Nuria Molina mit von der Partie.
Sehr erfreulich war aus unserer Sicht, dass der Gouverneur und der ebenfalls anwesende stellvertretende ED unserer Logik eines orderly debt workout als Antwort auf die Finanzkrise durchaus folgen konnten. Die positive Haltung des österreichischen Finanzministeriums gegenüber FTAP, die vor kurzem ein beharrlicher Briefeschreiber aus unserem Netzwerk dingfest machen konnte, ist keine Eintagsfliege. Beim DeBriefing mit den Kolleg/innen wurde klar, wie wichtig es ist, dass wir für alle Regierungen, die ein FTAP zumindest wohlwollend diskutieren wolle, baldmöglichst einen Raum schaffen, in dem sie ihr Wohlwollen in praktische Politik umsetzen können, zum Beispiel bei der Formulierung gemeinsamer europäischer Positionen vor dem nächsten G20-Gipfel und der Frühjahrstagung 2010. Außer unseren alpinen Nachbarn betrifft das im Moment vor allem die Norweger, die Niederländer und die Deutschen. Viel Arbeit für unsere gerade frisch wieder gegründete FTAP-AG.
Am Abend traf sich dann die Schuldenszene im “Marbel Hotel” – ist nicht ganz so piekedel wie es sich anhört – um nächste Schritte gegenüber den Regierungen zu beraten. Eine ziemlich bunte Runde mit Vertreter/innen aus Norwegen, Belgien, Deutschland, Großbritannien, den USA, Argentinien, Uruguay und Kenia, sowie des Europäischen Netzwerks EURODAD diskutierte über Chancen für ein geordnetes Insolvenzverfahren und andere Kampagnenansätze. Im Sinne unseres Gesprächs mit den Österreichern wurde deutlich, dass wir an der kritischen Masse von Regierungen für eine substanzielle Reform des Schuldenmanagements gemeinsam arbeiten müssen. Andernfalls werden die ständig vorangehenden Norweger irgendwann ziemlich in der Luft hängen.