Heute diskutieren die EU-Finanzminister über ein Staateninsolvenzverfahren

Ab 14 Uhr heute nachmittag sitzt Minister Schäuble im Kreis der 27 EU-Finanzminister in Brüssel in der AG zur Stärkung der Wirtschafts- und Währungsunion. Deutschland wird dort ein zweistufiges Verfahren zur Behandlung von Staatsinsolvenzen einbringen: Bei Zahlungsschwierigkeiten soll zunächst ein noch zu gründender „Berliner Club“ eine Umschuldung von fälligen Staatsanleihen auf den Weg bringen. Wie schon beim „Brady-Plan“ in den neunziger Jahren soll ein Teil der Anleihe-Schulden gestrichen werden können („Haircut“), während ein anderer Teil durch Mittel aus einem gemeinsamen EU-Fonds versichert wird. Wenn durch diese Maßnahme der betreffende Staat nicht wieder zahlungsfähig wird, soll es ein umfassendes Staateninsolvenzverfahren geben. Wie dieses genau aussehen soll, weiss man allerdings im BMF auch noch nicht so genau. Vielmehr würde, wenn die EU-Partner – und insbesondere die an diesem Punkt besonders sensiblen Franzosen – der deutschen Initiative zustimmen, die EU-Kommission mit der Erarbeitung eines eigenen Vorschlags betraut.
erlassjahr.de begrüsst, dass Deutschland mit einem Staateninsolvenzverfahren endlich darauf hinwirken will, dass nicht nur die Steuerzahler der EU, sondern auch die Investoren an den Kosten einer Staatspleite beteiligt werden. Verabschieden sollte der Finanzminister sich aber baldmöglichst von der Idee eines weiteren Gläubiger-Clubs. Neben die Clubs von Paris (Gläubigerregierungen) und London (Banken) jetzt noch einen Berliner Club für die Verhandlung über Staatsanleihen zu stellen, wird nicht zur Kohärenz von Schuldenverhandlungen beitragen. Vielmehr erhöht sich damit die Gefahr, dass jede Gläubigergruppe auf Zugeständnisse der anderen wartet. In jedem nationalen Insolvenzverfahren wird selbstverständlich über alle Forderungen an den Schuldner in einem einziger Verfahren verhandelt. Nur so lässt sich tatsächlich eine tragfähige Lösung erreichen.
Genauere Informationen zu den heutigen Verhandlungen in Brüssel finden sich in einem erlassjahr-de-Hintergrundpapier.