Geierfonds in Liberia: Wie die Reichen an Afrikas Schulden verdienen

Auch mit Armut lassen sich lukrative Geschäfte machen. Das Dokument der BBC zeigt, wie Geierfonds Liberias Schulden für einen Bruchteil ihres Wertes aufkaufen und dann umgehend das Land auf die vollständige Rückzahlung samt Verzugszinsen verklagen. Die Gläubigerregierungen verzeichnen den Schuldenverkauf als Schuldenerlass, weil sich ihre Forderungen reduzieren – doch die Bürger des Schuldnerstaates werden nun per Gerichtsspruch zur Kasse gebeten. Dabei müssen die Menschen in dem von Bürgerkrieg schwer zerstörten Liberia von ungefähr einem US-Dollar pro Tag leben.

In Großbritannien, wo die Gerichtsverhandlung ausgetragen wurde, haben nun Parlamentarier einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der die Geierfonds an einem solchen Vorgehen hindern sollte. Sogar der britische Richter Barton, der das Urteil sprach, gab zu, dass sich Liberia die Zahlungen nicht leisten kann, doch das Recht zwinge ihn zu dem Spruch. Die eingeklagten Schulden in Höhe von 30 Mio. US-Dollar entsprechen etwa 5% der staatlichen Einnahmen des Landes.

Zum Video: On the trail of the vultures picking over Liberia’s debt (Englisch)

Was sind illegitime Schulden: Die Enten-Theorie

Bei der gerade zu Ende gegangenen Fach-Tagung der norwegischen Regierung über Illegitime Schulden, kam der innovativste Beitrag nicht von den zahlreichen hochrangigen Juristen, sondern vom Stellvertretenden Finanzminister Liberias, Tarnue Mawolo. Angesichts der angestrengten Diskussion über die Definierung der genauest möglichen Kriterien für Illegitime Schulden bemerkte der Minister: „Wenn etwas wie ‘ne Ente läuft, wie ‚ne Ente quarkt und wie ‘ne Ente schwimmt, dann brauch ich kein Biologiebuch um zu wissen: Aha, ‘ne Ente!“

Liberia: Der IWF als Kredithai

Alle Länder, die unter den Multilateralen Entschuldungsinitiativen entlastet werden, müssen sich verpflichten, sich künftig gar nicht, oder wenn, dann nur zu konzessionären Bedingungen neu im Ausland zu verschulden. Wer unter den ärmsten Ländern teure, marktmäßige Kredite aufnimmt, die die Weltbank (mit einiger Berechtigung) für untragbar hält, muss mit scharfen Sanktionen durch seine Multilateralen Geldgeber rechnen. Mit solchen straffen Regeln hoffen Weltbank und Währungsfonds das baldige Ausbrechen neuer Zahlungsschwierigkeiten in den entschuldeten Ländern zu verhindern.

Nur für sie selbst gelten andere Regeln.

So greift der IWF, wie er in einem Communiqué am 14.3. mitteilte, dem verarmten und kriegszerstörten Liberia mit Neukrediten in Höhe von 952 Mio US-$ unter die Arme. Davon kommen aber nur 391 Mio aus der “Poverty Reduction and Growth Facility” (PRGF). Diese Kredite laufen sehr lange und erheben einen Zinssatz von nur 0,5%. Der größere Teil – 561 Mio US-$ – kommt aus der “Erweiterten Fonds Fazilität” (EFF). Deren Kredite werden zu Marktkonditionen vergeben. Der IWF macht keine Angaben über die genauen Zinssätze und Laufzeiten. Diese liegen aber mit Sicherheit in einem Bereich, für den Liberia von Weltbank und IWF bestraft würde, wenn es entsprechende Kredite auf dem Kapitalmarkt aufnähme. Zumal die neuen Finanzierungen aus Washington den nach der Entschuldung noch verbliebenen Altschuldenbestand glatt wieder verdoppeln.

Diese seltsame Widersprüchlichkeit zwischen dem IWF als Gutachter und dem IWF als Kreditgeber wäre weniger skandalös, wenn nicht bekannt wäre, dass der Fonds händeringend auf der Suche nach Kunden für seine kommerziellen Kreditangebote ist. In Zeiten, da, bis auf die Türkei, fast alle großen IWF Kreditnehmer ihre Schulden pünktlich oder gar vorzeitig zurückgezahlt haben, hat man in Westafrika offenbar einen Kunden gefunden, der sich nicht wehren konnte.

Auch Weltbank und IWF begeistern sich für Debt Audits: in Liberia

Im Zuge der Regelung von Liberias Auslandsverbindlichkeiten unterstützte der IWF die Beschäftigung eines unabhängigen externen Buchprüfers. Dieser bekam die Aufgabe, den Bestand der internen Schulden Liberias zu untersuchen. Und siehe da: von den rund 900 Mio US-$, welche interne Gläubiger von der Regierung forderten, wurde nur etwa ein Drittel für “rechtmäßig” befunden; ein weiteres Drittel bekam das Etikett “zweifelhaft”, und das letzte Drittel wurde rundweg zurückgewiesen. (IMF: Liberia: Decision Point Document, pt. 16; February 2008)

Zu fragen ist, warum eine entsprechende Prüfung nicht auch im Blick auf die Auslandsschulden Liberia’s angestellt wurde. Nachdem der IWF und andere Multilaterale Gläubiger unter der MDRI-Initiative auf fast alle ihre Forderungen an Liberia verzichtet haben, hätte eine solche Übung im Blick auf die selbst nach der “vollständigen” Entlastung unter der MDRI immer noch verbleibenden Schulden in Höhe von fast 1,3 Mrd. US-$ zu interessanten Ergebnissen führen können.

Pariser Club erlässt Liberia 254 Millionen Dollar Schulden

Wie erwartet hat der Pariser Club beschlossen dem afrikanischen Land Liberia einen Teil seiner Schulden zu erlassen. 254 Millionen US-Dollar wurden erlassen, welche nun in Programme zur Armutsreduzierung in Liberia fliessen sollen. Der Pariser Club reagiert damit auf die Ankündigung des Internationalen Währungsfonds Liberia wieder als reguläres Mitglied aufzunehmen. Zudem hatte Liberia im März den Decision Point im Rahmen der HIPC Initiative erreicht. Gleichzeitig hat die US-Regierung angekündigt Liberias komplette bilaterale Schulden in Höhe von 430 Millionen US-Dollar zu erlassen. Die USA wollen so den wirtschaftlichen und politischen Wandel des Landes unterstützen, der unter der Präsidentin Ellen Johnson-Sirleaf eingeleitet worden ist.

Liberia wieder reguläres Mitglied des IWF

Der internationale Währungsfonds (IWF) hat Liberia nach 20 Jahren wieder in den Kreis seiner regulären Mitglieder aufgenommen. Vorausgegangen war eine Finanzierung in Höhe von 900 Millionen US-Dollar, die der IWF Liberia zur Verfügung gestellt hat, die das Land nun nutzen kann um seine Zahlungsrückstände beim Fonds zu bezahlen. Das ganze letzte Jahr hindurch war die Aufnahme des Landes in die HIPC-Initiative an bürokratischen Hürden innerhalb des IWF beim Abbau der seit zwanzig Jahren uneintreibbaren  Rückstände des westafrikanischen Landes gescheitert. Ein Teil der 900 Millionen Dollar sollen auch für Programme zur Armutsreduzierung und für wirtschaftlichen Wachstum eingesetzt werden.