Europäischer G20-Gipfel in Berlin: Die armen Länder nicht im Blick

Die stärkere, gar „lückenlose“ Beaufsichtigung der Finanzmärkte, welche die europäischen Staats- und Regierungschefs am Wochenende in Berlin beschlossen haben, ist, wenn sie denn erreicht wird, ein gewaltiger Fortschritt, von dem vor Jahresfrist noch niemand zu träumen gewagt hätte. Das gleiche gilt für die Austrocknung der Steueroasen, welche sich die Dame und die Herren auf die Fahne geschrieben haben. Bei beiden Massnahmen ist davon auszugehen, dass die angestrebte Umverteilung von Mitteln aus privaten zurück in die öffentlichen Taschen allen Bürger/innen zugute kommen wird. Allerdings werden die ärmeren Länder nur bedingt und indirekt davon profitieren können – durch möglicherweise steigende Entwicklungshilfe etwa, oder dadurch, dass auch aus Afrika, Lateinamerika und Asien die Steuerflucht für die Reichen schwieriger werden wird, wenn die Regierungen im Norden nicht mehr stillschweigend mitspielen. 

Denjenigen, die infolge der Finanzkrise und zuvor bereits wegen der Preisanstiege bei Nahrungsmitteln und Energie an den Rand der Zahlungsunfähigkeit geraten sind, helfen die Massnahmen kurzfristig allerdings wenig. Statt wie bei der Financing for Development Konferenz im Dezember und im erlassjahr-Schuldenreport gefordert, die Möglichkeit für schnelle und faire Schuldenerleichterungen zu schaffen, tauchte die Gruppe der ärmsten Länder nicht einmal auf der Agenda des Berliner Treffens auf. Es scheint, als begriffe am Kabinettstisch allein die Entwicklungsministerin welche Verelendungsprozesse das unregulierte Weltfinanzsystem in entfernteren Teilen der Welt ausgelöst hat. Und ihre Stimme scheint dort zu leise, um konkrete und unmittelbar umsetzbare Reformschritte wie ein Internationales Insolvenzverfahren auf die Agenda der G20 zu setzen.