Doha-Tagebuch 1.12.08: Runder Tisch nicht rund

Zu einem Zeitpunkt, da die Abschlusserklärung auf die Zielgerade einbog, bot die Konferenz nochmals die Gelegenheit, grundsätzliche Fragen zum Schuldenthema zu erörtern. Dies geschah in Form eines “Roundtables”, wie er auch zu den vier anderen Themenbereichen des Doha-Prozesses stattfand.
Nachmittags um 3 in einem riesigen Auditorium vom Format der UNO-Generalversammlung. Kein runder Tisch weit und breit, sondern ein länglicher, an dem auf dem Podium der IWF, die Weltbank, der Pariser Club, zwei Regierungsvertreter/innen, Nancy Birdsall von einem Obama-nahen Think Tank in Washington und die ehemalige irische Staatspräsidentin Mary Robinson Platz nahmen.
Von den drei vorgesehenen Stunden vergingen eineinhalb mit den Statements der Herrschaften auf dem Podium. Manche, wie Mary Robinsons und die des Club-Präsidenten recht interessant. Bank und Fonds waren kaum zu ertragen. Nachdem auf diese Weise zwei Halbzeiten gespielt waren, kam auch das Auditorium zu Wort. Als Civil Society hatten wir verabredet, wer von uns in welcher Reihenfolge das Wort ergreifen sollte: Zunächste Vitalis Meja von AFRODAD, dann Lidy Nacpil von der Freedom from Debt Coalition auf den Philippinen und ich als Letzter. Das hatte den interessanten Nebeneffekt, dass ich in dieser “Diskussions”-Runde sozusagen das letzte Wort hatte, was Carlos Braga von der Weltbank nicht wenig auf die Palme brachte.
Highlights waren die Statements der norwegischen Regierung, die u.a. noch einmal die Forderung nach der Berücksichtigung der Illegitimität von Schulden wiederholte, und des ehemaligen UNO-Mitarbeiters Barry Herman, der auf ein Ticket des Privatsektors gekommen war, und einige sehr erlassjahr-nahe Forderungen erhob, die die meisten aus dem Mundes der Business Community nicht wirklich erwartet hätten.
Seine Schlüsselfrage war: Wer wird wie an neuen Entschuldungsverfahren arbeiten, die angesichts der neuen Überschuldungsgefahren bei mehr als der Hälfte der entlasteten HIPCs einfach unbestreitbar sind?
Ergebnis: Es ist uns gelungen, den von Bank und Fonds intendierten Eindruck “Die Lage ist ernst, aber wird aus Washington schon verlässlich gemanagt werden zu zerstreuen. Das “Washington” praktisch keinen Plan hat, was eigentlich nach HIPC kommen soll, dass der Pariser Club seine Arme in alle Richtungen ausstreckt, und alle, alle einlädt, beim ihm mitzuspielen, wurde für alle sichtbar. In einigen Kulissengesprächen konnten Kunibert Raffer und einige der NRO-Kolleg/innen besser als seit langem deutlich machen, dass FTAP eigentlich der innovativste Gedanke in der allgemein herrschenden Verunsicherung ist.

Doha-Tagebuch 30.11.08: Nie mehr Schuldenkriiiise, nie mehr, nie mehr…!

Sonntag war Arbeitstag bei der Financing for Development-Konferenz in Doha. Vor unserem eigenen Side-Event zu innovativen Entschuldungsverfahren war ich an gleicher Stelle Panelist beim Schulden-Forum der Weltbank. An einem etwas abgelegenen Ort im Sheraton-Restaurant “Waterhole” mit Blick auf das Meer auf der einen und dem Guinness-Zapfhahn auf der anderen Seite, sollte eine Bilanz der HIPC-Initiative gezogen werden. Nach dem staubtrockenen Vortrag einer IWF-Mitarbeiterin sollten der erfrischend lockere holländische Entwicklungsminister Bert Koenders und ich das Gehörte kommentieren.
Koenders zog, wie sich das für jemand gehört, der einerseits mit Sitz und Stimme im Governeursrat der Weltbank hockt, auf der anderen Seite seinen Sinn für die Realitäten nicht verloren hat, eine durchwachsene Bilanz. Meine Aufgabe als einziger frecher NRO’ler im ganzen Programm war natürlich der heftige Kontrapunkt, der für die Herren und Damen aus Washington bei solchen Gelegenheiten inzwischen dazu gehört.
Ich habe mich auf den letzten HIPC-Implementation-Bericht bezogen, und sie gefragt, was eigentlich mit den Ländern passieren soll, denen Bank und Fonds selbst ein hohes Risiko neuer Überschuldung bescheinigen. Immerhin 13 von 23 entschuldeten HIPCs bewegen sich nach den Berechnungen der Institutionen (unsere Liste ist noch etwas länger) von vor der Finanzkrise in diesem Bereich.
Eine Antwort darauf bekamen wir nicht. Alle anderen Redner/innen beschäftigten sich mit der Frage, wie mit Hilfe des Debt Sustainabality Framework die Kreditaufnahme besser reguliert werden und den vielerorts ziemlich schwachen Buchhaltungen technisch unter die Arme gegriffen werden kann.
Selbst im Vier-Augen-Gespräch konnte ein höherrangiger Mitarbeiter des IWF sich zu keiner Andeutung durchringen, welchen Plan B man denn wenigstens in der Tasche habe, falls Länder von ihrem souveränen Recht auf Kreditaufnahme wiederum exzessiv Gebrauch machten (was einige spektakuläre Fälle wie die DR Kongo mit China als Kreditgeber bereits tun).
Nein, nein, eine neue Krise werde es bestimmt nicht geben. Und von daher logischerweise auch keinen Grund, sich Gedanken darüber zu machen, was nach HIPC kommt. Auch ein Hinweis auf die lange Überschuldungsgeschichte vieler Länder, die durch wiederholte Umschuldungen gegangen sind half nicht. Das Ende der Geschichte wurde für erreicht erklärt. Punkt. Am Anfang war ich mir sicher, der Mann will mich verarschen. Nachher nicht mehr.
Mit ziemlich begrenzter Beteiligung ging danach unser eigenes Side-Event zu FTAP über die Bühne. Wegen der sich ständig verändernden Agenda des offiziellen Verhandlungsprozesses waren uns sämtliche eingeladenen Minister/innen abhanden gekommen. Inhaltlich wurde es trotzdem eine recht anregende Veranstaltung.

Filmtipp: Let`s make money

Seit Donnerstag ist im Kino der Dokumentarfilm ‚Let`s make money’ des österreichischen Filmemachers Erwin Wagenhofer zu sehen. Wie schon in seinem letzten Film ‚Feed the world’ lässt er dabei unkommentiert Geschäftemacher und Betroffene zu Wort kommen: dieses Mal geht es dabei um wirtschaftliche Zusammenhänge und Finanzflüsse. Ein großes Thema ist dabei auch die Verschuldung der ärmsten Länder bei den Industrienationen und die Machenschaften der Weltbank. Er zeigt auf wie die Regularien der Weltbank die Entwicklung ärmster Länder, wie z.B. Burkina Faso, verhindern. Und er macht deutlich warum immer nur die gleiche, kleine Elite von den Erträgen der Weltwirtschaft profitiert während ein Großteil der Weltbevölkerung ums Überleben kämpft. Ein aufweckender Film, der leider im zweiten Teil seine Längen hat und bestimmte Wirtschaftszusammenhänge sehr verkürzt darstellt. Dennoch lohnt sich der Kinobesuch. Der Trailer des Films ist hier zu sehen:

Wer weitere Informationen zum Thema Verschuldung der ärmsten Länder der Welt sucht, findet diese auf der erlassjahr.de-Seite. Und wer sich Dank des Filmes engagieren möchte, findet hier Hinweise zum Mitmachen bei erlassjahr.de. Einen Antrag zur Einzelunterstützung des Bündnisses findet sich hier.

Kredithai wieder bissfest

In unregelmäßigen Abständen vergibt erlassjahr.de den “Hai des Jahres” an Gläubiger, die auf besonders unfaire Weise ihre Geschäfte mit Entwicklungsländern auf dem Rücken der Ärmsten austragen. So haben z.B. die WestLB, deutsche Finanzspekulanten oder die Weltbank bereits den “Hai des Jahres” verliehen bekommen. Kürzlich aber kam der erlassjahr.de Hai selbst ins Schwimmen – ein Wasserschaden in seinem heimatlichen Keller zwang ihn zu einem unfreiwilligen Wasserbad. Das sorgte für einen arg blassen Teint und eine deutlich angestossene Schnauze. Unsere derzeitige Praktikantin Martina Peters hat dem Hai aber nun ein anständiges Lifting verpasst – und nun ist der Hai wieder bissfest!

Wann der Hai das nächste Mal verliehen wird, steht noch nicht fest. Wer einen Vorschlag für einen Empfänger hat – oder von besonders unfairen Geschäftspraktiken Wind bekommen hat, kann dies gerne jederzeit an das erlassjahr.de Büro weitergeben. Fotos von der Hai-Verleihung an die Weltbank gibt es hier.

Tansania gewinnt Prozess gegen Zwangs-Privatisierung

Die britische Wasser-Firma Biwater ist mit ihrer Klage auf bis zu 20 Mio. US-Dollar Schadensersatz von der tansanischen Regierung nach dem Scheitern eines umstrittenen Wasser-Privatisierung-Projektes im Jahr 2005 gescheitert.

Dieser Fall wurde vor dem Internationalen Zentrum für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID) verhandelt. Im Jahr 2003 hat eine Tochtergesellschaft der Biwater, City Water Services, die Privatisierung der Wasserversorgung in der Stadt Dar es Salaam übernommen. Die tansanische Regierung hob den Vertrag nach weniger als zwei Jahren auf und warf City Water Services “die Nichteinhaltung der gesetzten Vertragsziele“ vor. Eine der Muttergesellschaften von City Water Services, ebenfalls kontrolliert von Biwater, leitete darauf hin rechtliche Schritte gegen die Regierung Tansanias ein um Schadensersatz zu erlangen.

Das Gericht hat festgestellt, dass zwar technische Vertragsverletzungen der Anlegerechte von Biwater aufgetreten sind, Biwater aber trotzdem keinen Anspruch auf Entschädigung auf Grund dieser Verletzungen hat, da deren Geldwert gleich Null und die Kündigung des Vertrags unvermeidlich war.
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Bundestagsanhörung zu Illegitimen Schulden: Begrenzter Fortschritt und eine überraschende Entwicklung

Auf unsere Initiative hatte der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit am Mittwoch, dem 4.6. Experten zu einer öffentlichen Anhörung über das Konzept der Illegitimen Schulden gebeten. Außer Jürgen Kaiser für erlassjahr.de waren geladen: der Jurist Prof. Christof Paulus von der Berliner Humboldt-Universität, die Betriebswirtin Prof. Eva Terberger aus Heidelberg und Henrik Harboe vom Norwegischen Außenministerium.

Harboe war die positivste Stimme auf dem Panel, denn er zeigte deutlich auf, dass die qualitative Beurteilung von Forderungen an Entwicklungsländer nicht nur dringend geboten ist, um künftig verantwortlichere Kreditvergabe zu erreichen. Das norwegische Beispiel zeigt auch, dass sie möglich ist, ohne dass – wie die Weltbank und Frau Terberger zum Beispiel behaupteten – die einbezogenen Länder letztlich einen Schaden von der Streichung zweifelhafter Forderungen hätten, weil sich ihr Rating auf den internationalen Finanzmärkten verschlechtere.

Für eine durchaus gesunde Unruhe unter den Fraktionen sorgte der von uns tags zuvor vorgestellte Fall der Ex-DDR Kriegsschiffe für Suharto. Konservative und liberale MdBs wollten zwar in der Sache nicht Stellung nehmen, bemühten sich aber die Relevanz des Falls für die Diskussion um illegitime Schulden in Frage zu stellen.

Es ist sehr schade, dass es – abgesehen von der Stimme Norwegens – nicht auch gelungen ist, die internationale Diskussion unter Juristen und Ökonomen in den Bundestag zu holen. US-amerikanische, aber auch lateinamerikanische und afrikanische, Wissenschaftler entwickeln längst erheblich pragmatischere Zugänge zum Problem der unverantwortlich vergebenen Kredite, als die arg formalistischen Ansätze von Terberger und Paulus. Leider hatte Prof. Gulati von der Duke University, den wir dazu vorgeschlagen hatten, seine Teilnahme absagen müssen.

Positive Überraschung für erlassjahr.de war indes das praktisch einmütige Votum aller Fraktionen und Expert/innen für die Schaffung eines Internationalen Insolvenzverfahrens, auf dem Hintergrund der Legitimitätsdebatte. Hier hat sich der gesamte AwZ sehr eindeutig positioniert, und wir hoffen, dass auch die Bundesregierung den Ball aufnehmen wird – im Vorfeld der Financing for Development Konferenz in Doha zum Beispiel. Aber auch bei den G8- und G20-Treffen dieses Jahres.

Die schriftliche Stellungnahme von erlassjahr.de kann hier nachgelesen (awz-statement) werden.

P.S. Die Weltbank war übrigens auch zur Anhörung geladen. Herr Braga, der neue Leiter der Schuldenabteilung, brachte dazu eine wenig überarbeite Fassung des unsäglichen Papiers “Odious Debts – some considerations” mit, hatte aber überhaupt keine Lust, sich der Auseinandersetzung mit den übrigen Experten zu stellen. Deshalb wurde erklärt, die Bank könne aus Satzungsgründen nicht an Anhörungen teilnehmen, obwohl Herr Wolfensohn im Bundestag und Vizepräsident Rischard in der Französischen Nationalversammlung genau dies schon getan haben. So bekam Herr Braga eine halb Stunde der normalen Ausschusssitzung nachdem die Anhörung bereits beendet war. Dialogkultur à la Weltbank!

Liberia: Der IWF als Kredithai

Alle Länder, die unter den Multilateralen Entschuldungsinitiativen entlastet werden, müssen sich verpflichten, sich künftig gar nicht, oder wenn, dann nur zu konzessionären Bedingungen neu im Ausland zu verschulden. Wer unter den ärmsten Ländern teure, marktmäßige Kredite aufnimmt, die die Weltbank (mit einiger Berechtigung) für untragbar hält, muss mit scharfen Sanktionen durch seine Multilateralen Geldgeber rechnen. Mit solchen straffen Regeln hoffen Weltbank und Währungsfonds das baldige Ausbrechen neuer Zahlungsschwierigkeiten in den entschuldeten Ländern zu verhindern.

Nur für sie selbst gelten andere Regeln.

So greift der IWF, wie er in einem Communiqué am 14.3. mitteilte, dem verarmten und kriegszerstörten Liberia mit Neukrediten in Höhe von 952 Mio US-$ unter die Arme. Davon kommen aber nur 391 Mio aus der “Poverty Reduction and Growth Facility” (PRGF). Diese Kredite laufen sehr lange und erheben einen Zinssatz von nur 0,5%. Der größere Teil – 561 Mio US-$ – kommt aus der “Erweiterten Fonds Fazilität” (EFF). Deren Kredite werden zu Marktkonditionen vergeben. Der IWF macht keine Angaben über die genauen Zinssätze und Laufzeiten. Diese liegen aber mit Sicherheit in einem Bereich, für den Liberia von Weltbank und IWF bestraft würde, wenn es entsprechende Kredite auf dem Kapitalmarkt aufnähme. Zumal die neuen Finanzierungen aus Washington den nach der Entschuldung noch verbliebenen Altschuldenbestand glatt wieder verdoppeln.

Diese seltsame Widersprüchlichkeit zwischen dem IWF als Gutachter und dem IWF als Kreditgeber wäre weniger skandalös, wenn nicht bekannt wäre, dass der Fonds händeringend auf der Suche nach Kunden für seine kommerziellen Kreditangebote ist. In Zeiten, da, bis auf die Türkei, fast alle großen IWF Kreditnehmer ihre Schulden pünktlich oder gar vorzeitig zurückgezahlt haben, hat man in Westafrika offenbar einen Kunden gefunden, der sich nicht wehren konnte.

Auch Weltbank und IWF begeistern sich für Debt Audits: in Liberia

Im Zuge der Regelung von Liberias Auslandsverbindlichkeiten unterstützte der IWF die Beschäftigung eines unabhängigen externen Buchprüfers. Dieser bekam die Aufgabe, den Bestand der internen Schulden Liberias zu untersuchen. Und siehe da: von den rund 900 Mio US-$, welche interne Gläubiger von der Regierung forderten, wurde nur etwa ein Drittel für “rechtmäßig” befunden; ein weiteres Drittel bekam das Etikett “zweifelhaft”, und das letzte Drittel wurde rundweg zurückgewiesen. (IMF: Liberia: Decision Point Document, pt. 16; February 2008)

Zu fragen ist, warum eine entsprechende Prüfung nicht auch im Blick auf die Auslandsschulden Liberia’s angestellt wurde. Nachdem der IWF und andere Multilaterale Gläubiger unter der MDRI-Initiative auf fast alle ihre Forderungen an Liberia verzichtet haben, hätte eine solche Übung im Blick auf die selbst nach der “vollständigen” Entlastung unter der MDRI immer noch verbleibenden Schulden in Höhe von fast 1,3 Mrd. US-$ zu interessanten Ergebnissen führen können.

Das Thema "Illegitime Schulden" kommt in der Weltbank an – und wir auch

Roundtable zum Thema Illegitime Schulden in der Weltbank

Daran hatten wir lange gearbeitet, dass die Weltbank als ungeliebter aber zentraler Akteur des Internationalen Finanzsystems sich an dem Thema “Illegitime Schulden” nicht länger würde vorbei mogeln können. Am Montag, dem 14.4. war es soweit: Etwa fünfzig Bankmitarbeiter, Regierungsvertreter, Entschuldungscampaigner/innen und Rechtsexpert/innen trafen sich in der Weltbank zum Runden Tisch.

Die erste Enttäuschung war der Tisch: es gab keinen, weder einen runden noch einen eckigen. Vielmehr trafen wir uns in einer Art Auditorium, wo von einem Referenten-Tisch aus das Wort an ein Publikum zu richten war, welches seinerseits in Bürostühlen mit hohen Lehnen und deshalb überhaupt nur teilweise sichtbar, um das Podium herum sass. Nicht gerade das, was wir uns unter einem Dialog auf Augenhöhe vorgestellt hatten.

Positiv dagegen war, dass die Weltbanker nicht versuchten, die Existenz von so etwas wie fragwürdigen Schulden zu bestreiten. Die Arbeit der vergangenen Jahre – bei uns, vor allem aber in Norwegen, dessen Regierung den gesamten Prozess auf den Weg gebracht hatte – zahlte sich an dieser Stelle aus.

Unter den Vertreter/innen der weltweiten Entschuldungsbewegung hatten wir uns tags zuvor getroffen, und unter recht divergierenden Meinungen eine einigermassen klare Linie abgesprochen, die dann mehr oder weniger kohärent von “unseren” Redner/innen auf den drei Podien vertreten wurde.

Im Ergebnis versuchten die Mitarbeiter der Bank sich – wie wir das schon verschiedentlich erlebet hatten – auf die Leitungskompetenz der Exekutivdirektoren zu berufen, die namens der Bank-Mitglieder die Politik der Institution bestimmen. Man merkte, dass Ihnen daran lag, das es nach Möglichkeit überhaupt kein greifbares Ergebnis des Roundtable geben sollte. Erfreulich positiv war dagegen die Haltung der anwesenden Regierungsvertreter, die – teilweise auf der Basis schon bestehender Absprachen mit uns und unseren Kolleg/innen – darauf beharrten, dass es nächste Schritte im Dialogprozess geben müssen. Themen dabei waren die Arbeit an konkreten zweifelhaften Forderungen, z.B. der Bank selbst, aber auch die Definition illegitimer Schulden. An diesem letzteren Punkt schlug auf unserer Seite die Stunde der “Ius Cogens” Theoretiker, die sich zugunsten einer Berufung auf die “zwingenden Normen des Völkerrechts” von der klassischen Doktrin Verabscheuungswürdiger Schulden (wie sie z.B. im Zentrum unseres Handbuchs Illegitime Schulden steht), lösen wollen.

Es wird im Laufe dieses Jahres eine Reihe weiterer Treffen zwischen Regierungen, Kirchen, Internationalen Finanzinstitutionen und Entschuldungsbewegungen geben. Wenn man den Mantel der Geschichte ein kleines bisschen bemüht, kann man sagen, dass die Frage nach der “Qualität” von Schulden bzw. Forderungen des Nordens in diesem Monaten den Punkt erreicht, an dem die Debatte um die Schuldentragfähigkeit vor 12 Jahren gewesen ist: Damals wurde an etwa gleicher Stelle angesichts der absehbaren Untragbarkeit der Schulden der ärmsten Länder von den Gläubigern die erste HIPC-Initiative aus der Taufe gehoben.